längenfelder arg

Im zweiten Teil unseres Interviews mit Jungstar Simon Längenfelder geht es um seine WM-Saison 2023. Er sammelte darin nicht nur fünf Siege in Qualirennen, sondern vor allem auch sechs Lauf- und zwei Grand Prix Siege. Der junge Bayer beendete das Jahr in der MX2 zum zweoten Mal hintereinander auf Rang drei.

Kommen wir zur Saison ´23, auch wenn das schon ein wenig her ist. Die goldene Regel, dass man in den ersten Rennen nur die Meisterschaft verlieren kann, ist berühmt. Aber wann schaltet man denn auf mehr "Risiko"?

Ich gehe grundsätzlich nicht so oft über mein Limit und ich denke, das erkennt man von außen auch. Ich gebe aber immer mein Bestes. Ich will immer so weit vorn wie möglich sein. Wenn ich die Möglichkeit habe zu gewinnen, dann nehm ich die mit beiden Händen. Ich wollte noch nie lieber Zweiter werden und den ersten Platz hergeben. Klar ist, dass man immer strategisch fahren muss und eben sein Limit nicht überschreitet, aber wenn nötig, dann geht man da so nah wie möglich ran. Oder eben auch mal kurz darüber hinweg. Es ist eine Stärke einzuschätzen, wo man mehr oder auch mal etwas weniger ans Limit geht.

Gibt es bei dir bestimmte Strategien für Attacken oder machst du das instinktiv?

Manchmal überlegt man sich bestimmte Stellen auf der Strecke, weil sie sich manche besser anbieten. Ich darf nicht zu lang drüber nachdenken. Wenn ich einen Punkt habe, wo ich nah an einem Fahrer für ein erfolgreiches Manöver dran sein muss, dann ist dort immer ein größerer Abstand drin. Ich fahre meistens hinterher und schlage bei kleinen Fehlern schnell zu oder steche in Lücken rein.

Du hattest bis Spanien schon mehrere Laufsiege und Pole Positiomen, aber noch kein Podium. Dann kam ohne Vorwarnung eine Trainingsfahrt und der GP-Sieg.

Die Strecke in Spanien hat mir sehr gelegen. Die Rillen sind tief und es war sehr sehr technisch. Große Anbremswellen, alles war ausgefahren. Im letzten Jahr war ich dort auch schon gut. Trotzdem verändern sich die Strecken von Jahr zu Jahr ein bißchen. Man kann nie an eine Strecke rangehen und sagen, dass man dort wieder gut fahren wird. Ich konnte mit wenig Aufwand schnell fahren. Solche Zustände sind das Optimum.

Mein damaliger Gedanke war, dass das vielleicht mit deiner Vertragsverlängerung zu tun hatte, die du ja kurz vor dem GP unterschrieben hattest?

Offiziell kam es erst nach dem Spanien-GP, aber ehe sowas offiziell gemacht wird, dauert es immer etwas. Der Vertrag wurde aber deutlich früher unterzeichnet.

Du musstest nicht lange über die Unterschrift bei Red Bull GasGas nachdenken, oder?

Über Verträge sollte man immer gründlich nachdenken und das ist nicht unbedingt die schönste Sache, die man macht. Ich bin ja mein eigener Manager, aber meine Eltern und Freundin denken da mit. Ich komme aber mit der KTM-Gruppe sehr gut zurecht und für mich ist das Team einfach perfekt. Ich bin dort sehr zufrieden. In meiner Karriere hatte ich ja schon ein paar Teams. Ich denke, dass ich hier einen sehr schönen Platz für mich gefunden habe und es macht mich stolz in einem Team zu fahren, dass schon so viele Weltmeistertitel eingefahren hat.

Ist dir eigentlich schon mal selbst aufgefallen, dass dein Englisch mittlerweile einen italienischen Akzent hat?

Ja, auf jeden Fall! Das ist eigentlich auch echt nicht gut, aber man eignet sich schnell einen Dialekt an. Bei uns sind es nur Italiener und so wie ich die Sprache gelernt habe, kommt nochmals der römische Dialekt dazu. Ich höre denen zu und mach das dann einfach nach, das ist ja normal so. Würde ich in Amerika leben, dann würde ich ja auch amerikanisches Englisch sprechen. Ich bin echt happy, dass ich aber so gut Italienisch gelernt habe.
 
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als du dein kleines Vokabelheft hattest und dort alle Wörter eingetragen hast. Hast du das noch?

Ich habe es tatsächlich noch, aber ich benutze es nicht mehr. Ich habe damit zwei Monate gelernt und danach nur noch gesprochen. Alles was mit Motocross zu tun hat, kann ich auch. So alltägliche Dinge nicht ganz so.

Aber nun zurück. Nach deinem GP-Sieg in Spanien kam ein Sturz im Training und du hast dir den Arm gebrochen. Glücklicherweise verheilte alles sehr gut und du musstest nur drei GP verpassen. Dann ging es zum Doppelrennen nach Indonesien. Das erste Rennen wohl zum Warmwerden und das zweite gleich mit einem Podium. Hast du mit so einem Comeback gerechnet?

Nein, auf keinen Fall. Ich hatte zwar aus Spanien meinen Sieg, aber noch kein anderes Podium. Ich dachte, dass ich etwas länger brauchen würde, um zurückzukommen. Ich habe während der Verletzung viel trainiert und eine Menge gemacht. Auch das Team hat noch ein paar Dinge gefunden, in denen ich mich verbessern konnte. So fanden wir dann für mich ein noch besseres Setup.

Danach ging es für dich nur noch nach oben. Die Punkte, die es seit dieser Saison im Qualirennen gibt, hast du auch gern mitgenommen.

Es ging dann nicht nur mit dem einen Podium weiter. Mein schlechtestes Ergebnis ab da war dann der vierte Platz in der Tageswertung – mit der gleichen Punktzahl wie der Zweite. Die Punkte aus dem Qualirennen haben mir dabei natürlich geholfen, auch in der Meisterschaft weiter nach vorn zu kommen. Zwischenzeitlich war ich glaube ich mal auf Platz neun in der Meisterschaft.

Hast du nach deiner Verletzung damit gerechnet, dass du nochmal so weit nach vorn fahren kannst? Du bist ja am Ende wie im Vorjahr starker Dritter geworden.

Wenn ich ehrlich bin, dann war meine Hoffnung auf Top 3 oder Top 5 weg. Ich habe jedes Rennen nur noch einzeln genommen, was eigentlich immer das Beste ist und man immer machen sollte. Es kam dann doch irgendwie unerwartet, aber das fühlt sich dann natürlich nochmals schöner an. Das Team und mich hat das extrem gefreut.


Simon Längefelder Interview Teil 1

Simon Längenfelder Interview Teil 3



Foto: Juan Pablo Acevedo