MV Agusta präsentiert mit der Dragster neuen Streetfighter
 
Die Freunde von Naked-Bikes konnten sie schon 2013 auf der Internationalen Ausstellung für Motorräder und Motorrad-Zubehör (EICMA) bewundern: Die neue MV Agusta 800 Dragster. Damit stellt der traditionsreiche italienische Motorradhersteller der Brutale 800 eine noch einmal verschärfte Version an die Seite, die für noch mehr Fahrspaß sorgt, denn der Name ist Programm. Exzessive Beschleunigungsorgien auf bis zu 245 km/h sind theoretisch möglich. Praktisch sollte die Maschine allerdings nicht bei einer Tour im öffentlichen Verkehr ausgereizt werden.

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Fotoquelle: © Nuno Vasco Caldeira - Fotolia.com


Bewegte Geschichte von MV Agusta

Das Kerngeschäft des italienischen Industriellen Giovanni Agusta war eigentlich der Flugzeugbau. Zu diesem Zweck gründete er 1907 die Firma Societa Costruzioni Aeronautiche Giovanni Agusta in der Provinz Varese. Ab 1927 wurden auch Motorräder hergestellt und der eigenständige Motorradhersteller MV Agusta wurde laut Autoscout 1945 nach Kriegsende von Sohn Domenica Agusta aus der Taufe gehoben. In der Folgezeit entwickelte sich das Unternehmen sehr erfolgreich und feierte vor allem im Motorsport herausragende Erfolge. Mit 38 Fahrer- und 37 Konstrukteurs-Weltmeistertitel dominierte MV Agusta mehr als 20 Jahre den Motorradsport. Namen wie Giacomo Agostini, Carlo Ubbiali oder John Surtees dürften jedem Fan noch ein Begriff sein.

1980 führte eine finanzielle Krise zur Einstellung der Produktion. Liebhaber der Maschinen von MV Agusta mussten zwölf Jahre warten, ehe sich die Castiglioni-Gruppe der Marke annahm und die Produktion neuer Modelle ankündigte. Es dauerte dann noch bis 1999, ehe das unter Führung des berühmten Konstrukteurs Massimo Tamburini neu entwickelte Superbike MV Agusta F4 bei den Händlern eintraf. In den Jahren ab 2000 erzielte MV Agusta vor allem mit den Naked-Bikes der Serie Brutale große Verkaufserfolge. Trotzdem ist die Marke auf deutschen Straßen relativ selten vertreten. Das Kraftfahrtbundesamt registrierte 2012 gerade mal 10.000 Krafträder der Marke MV Agusta in Deutschland. Jährlich gibt es hierzulande etwa 800 bis 900 Neuzulassungen. Das entspricht etwa elf Prozent der Gesamtproduktion.
Die weltweite Finanzkrise verschonte 2008 auch nicht den italienischen Bike-Hersteller. Im Juli 2008 einigte sich die Castiglioni-Gruppe mit Harley-Davidson auf einen Kaufpreis von 70 Millionen Euro. Schon zwei Jahre später gerieten die Amerikaner jedoch selbst in finanzielle Nöte und Claudio Castiglioni kaufte MV Agusta für einen angeblichen Kaufpreis von drei Euro zurück. Nach seinem Tod im August 2011 übernahm sein Sohn Giovanni Castiglioni die Geschäftsführung.


MV Agusta 800 Dragster – die vielseitigste Roadster

Mit der Brutale 800 schloss MV Agusta die Lücke zwischen den beiden Modellen Brutale 675 und Brutale 1090. Der Werbeslogan für die 800er lautet: „The most versatile roadster“, also vielseitige Maschinen, bei denen weder Antrieb noch Fahrwerk verkleidet sind. Die Vielseitigkeit zeigt sich vor allem im Design, denn neben dem Basismodell bieten die Vareser noch eine auf Supermoto getrimmte Rivale 800 und eben das Streetfighter-Modell Dragster an. Das Fahrwerk aller 800er Modelle ist nahezu identisch. Die Dragster hat noch einmal ein deutlich verkürztes Heck und einen um sechs Zentimeter verkürzten Lenker. Visuelles Highlight sind die drei übereinanderliegenden Endrohre auf der rechten Fahrzeugseite. Im Gegensatz zur Brutale 800 hat die Dragster einen zwei Zentimeter breiteren Hinterreifen. Die Sitzschale ist so konstruiert, dass der Pilot komfortabel vorderradorientiert positioniert ist. Für einen Sozius bleibt allerdings nicht viel Platz. Die Maschine selbst überzeugt mit eleganten und scharfen Kurven im Design. In Testberichten wird immer wieder das einmalige Fahrgefühl betont, wenn die Dragster auf Landstraßen geschmeidig und präzise in die krassesten Kurven einlenkt.


Technische Highlights der Dragster

Bei den Maschinen von MV Agusta wurde immer wieder eine indifferente, teils unsaubere Gasannahme bemängelt. Diesem Problem haben sich die Konstrukteure besonders gewidmet. Herausgekommen ist dabei ein komplett überarbeitetes Ride-by-wire-System der Motorelektronik. Der Mangel ist ausgemerzt und das Triebwerk der Brutale 800 Dragster geht nun einwandfrei und geschmeidig ans Gas. In diesem Zusammenhang gibt es eine gute Nachricht für Besitzer von Modellen mit diesem Mangel, die nicht älter als zwei Jahre sind: Die neue Software wird vom MV Agusta-Händler gratis aufgespielt.
Die Zielgruppe der Dragster sind aufgrund der brutalen Fahrdynamik vor allem Exzentriker und extrovertierte Typen. Laut Firmenchef Giovanni Castiglioni wurde sie als „typisches Zweitmotorrad für Leute, die alle wichtigen Transportaufgaben gelöst haben und ein reines Spaßfahrzeug haben wollen“, konzipiert. Die Maschine ist serienmäßig mit einer abschaltbaren Traktionskontrolle und einem Bosch ABS 9M Plus ausgerüstet. Letzteres verhindert bei Vollbremsung durch eine Abhebeerkennung für das Hinterrad einen drohenden Überschlag.
Eine Besonderheit ist das neuartige Mapping des Triebwerks. Neben den drei üblichen Settings „sport“, „normal“ und „rain“ kann der Fahrer noch ein eigenes Setting je nach Geschmack und äußeren Erfordernissen programmieren. Im Übrigen erlaubt das elektronische Assisted Shift (EAS) von MV Agusta unglaublich schnelle Schaltvorgänge, ohne die Drosselklappe zu schließen oder die Kupplung zu betätigen. Neugierige können sich im folgenden Video einen ersten Eindruck von Design und Sound der Dragster zu Gemüte führen.


Der Sound der Dragster 800 ist unverkennbar. Optisch macht das Bike auch einiges her.


Kosten und weitere Ausstattungsmerkmale

Die Brutale 800 Dragster wird als Premium-Marke beworben, was sich auch im Preis widerspiegelt. Satte 13.390 Euro plus Liefernebenkosten von 275 Euro muss man für ein Neufahrzeug berappen. Da ist die Konkurrenz in dieser Klasse deutlich günstiger. Für Leute, die als wichtigstes Kriterium für einen Kauf den Preis heranziehen, ist die Dragster vermutlich nicht die richtige Maschine. Wer etwas Besonderes sucht, wird sich an den feinen Ausstattungsfinessen und der exklusiven Erscheinung erfreuen. Wenn der flüssigkeitsgekühlte Dreizylinder-Reihenmotor die Kraft seiner 125 PS entfaltet und bei 8600 Umdrehungen sein maximales Drehmoment von 81 Newtonmeter auf die Kurbelwelle stemmt, sind Sound und Fahrgefühl vielleicht in der Lage, den ein oder anderen zu überzeugen. Besitzer der Brutale 800 Dragster können auf jeden Fall Exklusivität für sich beanspruchen. Und das ist der Kaufgrund, den Giovanni Castiglioni sowieso am schönsten findet.