Damit schafften es bei der siebten Ausgabe des Toskana-Klassikers nur die beiden Briten innerhalb der Maximalzeit bis zum Schlussanstieg "Hell´s Peak". Fürwahr extrem sollte man meinen, aber die Ereignisse vor Ort haben nach Ansicht vieler Zuschauer und Teilnehmer den Boden eines sportlichen Wettkampfes verlassen.

Doch der Reihe nach: Regenfälle am Freitag und Schnee und Eis in den Höhenlagen machten die Streckenführung heuer noch brutaler als gewohnt. Bereits die rund fünfstündige Qualifikation am Samstagvormittag forderte alles von den Teilnehmern. Für eines der fünf berüchtigsten Extremrennen der Welt eigentlich "gute Voraussetzungen" sollte man meinen. Das Zwischenklassement spiegelte dann auch die Erwartungen über das who is who in der Extrem-Weltelite wieder. Es lautete:

1. Blazusiak (KTM) 34.02:70
2. Jarvis (Sherco) 34.30:22
3. Lettenbichler (BMW) 34.41.15
4. Lampkin (Beta) 36.19.70
5. Graffunder (Husqvarna) 36.40:89
6. Galindo (Husaberg) 36.48:86

Nur 30 von insgesamt 100 Startern waren für das Finale zugelassen und nahmen mittags um 15.30 Uhr die Entscheidung über vier Runden in Angriff. An der Qualifikation gescheitert, gestürzt oder wegen Verletzung ausgeschieden waren zu der Zeit bereits die Top Piloten Botturi, Rinaldi, Forster, Mead und Bolton.

Bereits nach der ersten Runde wurde klar, dass selbst die Weltbesten an ihre Grenzen gestoßen waren und der Veranstalter den Unterschied zwischen einem Extremrennen und einer Erstbesteigung fliessend gestalteten. Einige Passagen erwiesen sich wegen vereister Felsen und Wurzeln als unfahrbar, sorgten damit nicht nur für Frust bei den Teilnehmern, sondern auch für unnötiges Gefahrenpotential.

Veranstalter Fabio Fasola entschied sich, die Ausschlusszeit pro Runde für die Zeitkontrolle nach dem Führenden von 30 auf 40 Minuten zu erhöhen. Das reichte schlussendlich aber nur Jarvis, um als Zweiter ins Ziel zu kommen. BMW-Werksfahrer Andi Lettenbichler, seit Runde eins als Dritter unterwegs und bereits nach der zweiten Runde als einziger verbleibender Verfolger des Führungsduos noch im Rennen, kämpfte sich bis in Runde vier und verpasste das Ziel knapp.

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Andi Lettenbichler

Lettenbichler war mit der Beurteilung des Rennes noch sehr diplomatisch: "Das Qualifying am Morgen lief ganz gut für mich. Man weiß natürlich, wenn man bei einem Event wie dem Hell's Gate antritt, dass es schwer wird. Deshalb setzt man möglichst wenig Energie beim Qualifying ein. Als Dritter hinter Blazusiak und Jarvis zu liegen, ließ auf mehr hoffen. Das bedeutete allerdings nicht mehr viel, als es in das Hauptrennen ging. Ich denke, das war dieses Jahr einfach zu schwer.

"Die meisten Fahrer, mit denen ich gesprochen habe, sagten dasselbe. Es ist nicht unbedingt toll, wenn nur zwei Fahrer ins Ziel kommen. Es gab Sektionen, wo Du dein Bike nicht fahren konntest und warten musstest, bis dich jemand mit dem Seil hinauf zieht. Es gab keine andere Möglichkeit, als einfach nur zu warten bis Du an der Reihe bist. Das ist kein Rennen. Es ist natürlich schwer, unter diesen Umständen motiviert zu bleiben. Auch in die vierte Runde startete ich als Dritter. Weil ich aber zu weit hinter den beiden Führenden lag, nahm mich der Veranstalter irgendwann aus der Wertung."

Die Deutschen Markus Siedel und Dirk Peter (beide KTM), wurden da schon deutlicher: "Es kann nicht sein, dass fast die komplette Weltelite nicht ins Ziel kommt, weil Passagen nicht mehr durch den Fahrer selbst, sondern durch Helfer mit Seil und Haken zu überwinden sind. Und die entscheiden dann, ob du weiterkommst oder nicht.

"Ich hab gesehen wie Jarvis als erster am Zielhang war, die Auffahrt dort probierte, hängenblieb, ´ne Minute darauf kam Lampkin auf der Beta, fuhr 10 Meter weiter wie Jarvis und wurde dann von den Zuschauern an den Haken genommen und den Rest hochgeschleppt, während Jarvis mit ansehen musste, wie sein sicher geglaubter Sieg weg war," so Dirk Peter.

Touratech BMW Pilot Gerhard Forster, ebenfalls ein altgedienter Extrem-Haudegen, bestätigte die Aussagen seiner Landsleute. "Ich will nichts schönreden, da ich wegen einer Verletzung nicht mehr weiterfahren konnte, aber was ich da gesehen habe, hatte mit einem Rennen kaum mehr was zu tun, sondern war einfach nur Krampf" so der ansonsten eher zurückhaltende Oberbayer.

Übrigens, Titelverteidiger Taddy Blazusiak schied nach dem Gewinn der Qualifikation im Finale aus. Der Pole stürzte in der ersten Runde auf einer Eisplatte, wobei seine KTM reichlich demoliert wurde. Der Endurocross- und Indoor Weltcup Champion versuchte noch weiter zu fahren, gab aber mit Schwindelgefühlen schliesslich auf.

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Bleibt als abschließende Wertung festzustellen, dass die Veranstaltung mehr Besucher und Interesse in der Öffentlichkeit hervorrief als jemals zuvor, sportlich gesehen aber bereits die Grenzen eines Wettkampfes verlassen hatte. Insider befürchten, dass die für 2011 vorgesehene Extrem-Enduro WM WXEC, die ja bekanntlich aus den Einzelveranstaltungen TOUGH ONE; HELL`S GATE, ROMANIACS, ERZBERG und ROOF of AFRICA gewertet wird, die Veranstalter der Rennen in eine Spirale der "Unfahrbarkeit" treibt.

Die Diskussionen um das fast unfahrbare Streckenprofil und die Rennleitung bei der ROOF 2009, sowie der neuerlichen Steigerung des "nicht machbaren" beim gerade zu Ende gegangenen Hell´s Gate lassen diese Befürchtung zu. Man darf gespannt sein, ob die 2010er Ausgaben der restlichen BIG FIVE Veranstaltungen wieder auf ein "normales Extremmaß", sprich für Topfahrer fahrbares Niveau zurückfinden. Das Testjahr 2010 stellt dafür eine einmalige Chance, die aber im Sinne des Sports und nicht nur des Spektakels wegen auch genutzt werden muss.



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