Goncalves_etappe5-2011

Die fünfte, sehr schwere und herausfordernde Etappe der Dakar 2011 von Calama nach Iquique war ein Meilenstein für das junge Team BMW Motorrad by speedbrain. Paulo Goncalves fuhr auf seiner BMW G 450 RR einen souveränen Etappensieg ein - den ersten für die bayerische Marke seit zehn Jahren und der Ära von Richard Sainct (1999, 2000). Der bemerkenswerte, wenn nicht gar historische Tag wurde durch den Triumph des Partnerteams Monster Energy X-Raid bei den Autos komplettiert. Peterhansel/Cottret gewinnen in einem BMW X3 CC die Tageswertung.

Goncalves war nach seinem Navigationsfehler vom Mittwoch als 11. ins Rennen gegangen. Von Anfang an fuhr er sauber, kontrolliert und flüssig. Als der bis dato Führende Olivier Pain bei Km 231 schwer stürzte, kümmerte sich der BMW-Pilot um den Verletzten und blieb bei ihm, bis Retter eintrafen. Knapp fünf Minuten verlor er dabei zunächst. Trotzdem holte er wieder auf und führte das Rennen zwischenzeitlich gemeinsam mit seinem Teamkollegen Frans Verhoeven an.

Kurz vor dem Ziel ging Goncalves nochmal auf Nummer sicher, als die Strecke zwischen mehreren Dünen unklar war. Durch diese kleine Sonderrunde gab er die Führung ab. Auch Verhoeven unterlief noch ein Missgeschick, als er bei einem Sprung über eine der letzten Dünen stürzte. So sah es fast aus, als habe das speedbrain-Team die Tageswertung auf den letzten Metern verschenkt. Also wähnte sich Lokalmatador Francisco Lopez schon als der Tagessieger. Doch die Zeit von Goncalves, dem Vierten an der Ziellinie, wurde korrigiert, um seinem Stopp bei Pain Rechnung zu tragen. Der Portugiese schafft somit seinen ersten Etappensieg bei der Dakar. Verhoeven wird knapp geschlagen Dritter.

Es war beileibe keine einfache Fahrt durch die Atacama-Wüste. Die Strecke hatte am Donnerstag alles zu bieten - von steilen Passabfahrten, steinigen und felsigen Pisten bis zu den gewaltigen Dünen nahe dem Ozean. Olivier Pain musste den Anforderungen Tribut zollen. Der bei Km 218 mit der besten Zwischenzeit gewertete Yamaha-Pilot wurde im Rettungshubschrauber mit gebrochenem Handgelenk abtransportiert. Der Unfall hatte danach noch kaskadenförmige Auswirkungen auf die letztlichen Positionen nach Zielankunft in Iquique.

Denn Marc Coma, der wegen eines Sturzes zu Beginn der Strecke (km 80) einen Rückstand von 13 Minuten auf Lopez aufwies, hat - genau wie Gonçalves - Zeit bei Pain verloren. Die Wertung des zunächst an zweiter Stelle in der Gesamtwertung angesiedelten Spaniers wurde korrigiert, wodurch er seine Führung im Klassement mit einem Vorsprung von etwas über zehn Minuten auf Cyril Despres behält.

Wenn man bedenkt, dass Titelverteidiger Despres am Vortag eine Zeitstrafe von zehn Minuten nach einem Flüchtigkeitsfehler beim Startablauf der 4. Etappe erhalten hat, sind die auf der Strecke herausgefahrenen Unterschiede zwischen den beiden Favoriten winzig. Lopez liegt mit 18:32 Minuten Rückstand auf Rang drei und der Held des Tages Goncalves mit 21:42 Differenz an Position vier. Portugal belegt kurz vor Halbzeit der Rallye die Plätze vier, fünf und sechs.

Der Name Patronelli ist unterdessen wieder ganz oben in der Gesamtwertung bei den Quads aufgetaucht. Nach dem Ausscheiden von Marcos, dem Sieger von 2010, hat sein älterer Bruder Alejandro einen Etappensieg erzielt, der es ihm ermöglicht, die Führung im Rennklassement zurückzuerobern. Sein Landsmann Thomas Maffei, der Zweite der Etappe wie auch in der Gesamtwertung, liegt eineinhalb Minuten zurück.

Stand nach Etappe 5
Calama-Iquique

1. Marc Coma (SPA) KTM 16:59:33 Std Fahrzeit
2. Cyril Despres (FRA) KTM 10:14 Minuten zurück
3. Francisco Lopez (CHI) Aprilia 18:32
4. Paulo Goncalves (POR) BMW 21:42
5. Helder Rodrigues (POR) Yamaha 32:05
6. Ruben Faria (POR) KTM 35:14
7. Juan Pedrero Garcia (SPA) KTM 40:01
8. Jonah Street (USA) Yamaha 42:55
9. Jordi Viladoms (SPA) Yamaha 44:23
10. Frans Verhoeven (NEL) BMW 49:55
11. Ze Helio (BRA) BMW 50:36
12. Stefan Svitko (SVK) KTM 1:06:33

Paulo Goncalves: „Eine sehr schwere Etappe, sehr lang, aber auch sehr schön. Ich glaube, ich bin gut gefahren. Nach dem Benzin-CP habe ich angehalten,um Olivier Pain zu Hilfe zu kommen, der gestürzt war. Die Regel sagt, dass man stoppen muss. Ich bin vier bis fünf Minuten geblieben. Das Wichtigste ist, dass es ihm gut geht. Man wird mir sicherlich Zeit abziehen. Das Motorrad hat sich sehr gut verhalten, auf dem schnellen wie auch auf dem technischeren Teil.“

Teamchef Wolfgang Fischer: „Es ist eine grandiose Erfahrung für unser junges Team, das beim ersten Dakar-Einsatz zu schaffen. Ich möchte mich in diesem Zuge bei allen bedanken, die daran mitgearbeitet haben, das zu ermöglichen - bei allen Teammitgliedern und Unterstützern und allen, die an uns geglaubt haben. Ein echter Meilenstein für uns.“

Francisco ’Chaleco’ Lopez: „Die Dakar hat begonnen Es war wirklich sehr schwer heute. Ich habe zwei Mal die Orientierung verloren. Und Cyril hat sie wiedergefunden. Danach habe ich die richtige Richtung gefunden. Die Navigation war wirklich sehr kompliziert. Aber das ist die Dakar. Sie hat heute wirklich begonnen. Es war ein echter Rallye-Tag mit technischen Problemen und jeder Menge Navigation. Ich bin letztlich sehr vorsichtig gefahren. Und heute ein gutes Klassement zu erreichen, ist wirklich super.“

Frans Verhoeven: „Ich habe alles doppelt gesehen. Die heutige Etappe war wirklich kompliziert, aber die Art von Sonderprüfung liegt mir. Ich mag die langen Etappen mit viel Navigation. Wie Sie sehen, ist mir auch ein gutes Resultat gelungen. Das ist zudem ein guter Zug für die Gesamtwertung. Ich habe keinerlei Fehler begangen, bin dann aber zwei Kilometer vor dem Ziel schwer zu Boden gegangen. Glücklicherweise habe ich mir nicht weh getan, aber mir war doch schwindlig. Ich habe alles doppelt gesehen.“

Marc Coma: „Ein schwieriger Tag. Ich bin gestürzt und hatte danach Probleme mit dem Kühler. Ich habe das reparieren und dann mehr oder weniger normal weiterfahren können. Nach dem Tanken habe ich bei Olivier Pain angehalten, der gestürzt war. Er war bewusstlos. Ich habe sofort Alarm gegeben und bin bei ihm geblieben, bis mein Wasserträger Joan Pedrero angekommen ist. Das war eine echte Dakar-Etappe, bei der viele Dinge passiert sind. Ich habe Zeit auf Despres verloren, werde aber ein wenig davon wegen des Stopps für Pain zurückbekommen.“

Cyril Despres: „Man hat mir um 4.30 Uhr morgens mitgeteilt, dass ich eine Zeitstrafe bekommen habe. Ich hatte bloß meine Handschuhe gegen die Kälte vergessen und bin zurückgegangen, um sie zu holen, und habe nicht gesehen, dass am Ausgang Tafeln zu beachten waren. So ist leider das Rennen. Aber nach dem , was wir heute erlebt haben, habe ich das andere schon wieder vergessen. Deswegen fahre ich Rallye-Raid: 425 km Navigation und Spaß. Wir haben GPS-Punkte suchen müssen, die wirklich wie Nadeln im Heuhaufen waren. Ganz zu schweigen von Zeiten oder Strafen. Das Wichtigste für mich ist, gute Gefühle gesammelt und mir selbst Freude bereitet zu haben. Ich habe gesehen, dass Marc Coma bei Km 70 mechanische Probleme zu haben schien. Ich habe mich nie über Probleme von anderen gefreut. Für mich ist mein Rennen wichtig.“