Nach der Bekanntgabe des Hubraumlimits von 450 cc durch die ASO im Juni und den folgenden KTM Rückzug schienen die Weichen in Richtung Africa Eco Race unter der Leitung von Hubert Auriol, Jean-Louis Schlesser und Rene Metge gestellt und viele waren der Meinung, dass die Monopolstellung der ASO bezüglich der wichtigsten Off-Road Rallye der Welt ernsthaft ins Schwanken geraten sei.
Doch von der anfänglichen Euphorie/Nostalgie für den schwarzen Kontinent ist heute nicht mehr viel zu spüren: sicher hat die ASO mit neuen Schwierigkeiten zu kämpfen und nicht nur die zweimalige Verschiebung des Einschreibeschlusses (30.September und schliesslich 1. November) zeugt davon, aber die Dakar ist nach wie vor das Mass aller Dinge, der Name welcher in 30 Jahren Symbol geworden ist für die Verwirklichung des grössten Off-Road Traums eines jeden Motorsportlers. Africa Eco Race hat momentan nur ca. 20 feste Anmeldungen und scheinbar hat mangelndes TV-Interesse schliesslich das Pendel wieder in Richtung Südamerika geschwenkt. Viele Fahrer und neue Werke sehen plötzlich die Möglichkeit, die achtjährige KTM-Dominanz zu durchbrechen, hektische Betriebsamkeit wie nie zuvor zeichnet diesen Herbst für die Rallyeelite aus und die Fans können sich auf eine spannende Neuverteilung der Karten Anfang Januar 2010 freuen:
David Casteu wird nach dem Untergang des vielversprechenden Vectra-Teams des rumänischen Baulöwen und Millionärs Marcel Butuza auf einer 450 er Sherco im eigenen Casteu Aventure Team mit dem 25 jährigen korsischen Teamkollegen Mika Pisano an den Start gehen. Ausführliche Tests der Maschine auch bei der Baja Spanien im Juli, ein Zweijahresvertrag mit ELF und sogar ein Dreijahresvertrag mit Sherco geben dem Franzosen das nötige Vertrauen.
Francisco „Chaleco“ Lopez auf Aprilia. Der Chilene, mehr durch spektakuläre Crashs als durch Rennerfolge bekannt, hat die Pharaonen-Rallye auf der komplett überarbeiteten 450 cc Zweizylindermaschine bestritten und man kann davon ausgehen, dass er auch in Südamerika für die Italiener fahren wird. Genialer Schachzug für alle Beteiligten: Aprilia wird einen grosszügigen Rabatt bei der Einschreibung bekommen haben, da sie das einzige Werksteam sein werden. Gleichzeitig holen sie sich den Lokalmatador ins Team mit der potenten südamerikanischen Tankstellenkette Copec im Schlepptau. Jetzt müsste man nur noch italienische Motorräder in Südamerika verkaufen können, doch die enorm hohen Schutzzölle auf dem Kontinent werden eine kommerzielle Umsetzung des Projektes leider vereiteln. Vom vorjährigen Modell, aufgebaut von der italienischen Dakarlegende Montebelli, ist nicht mehr viel übrig geblieben und man kann vermuten, dass die stilistischen Modifikationen der Rennmaschine kommende Serienmodelle beeinflussen werden: Wir erinnern uns: das Design der Reiseenduro Honda Varadero stammt von der bildhübschen 400 cc Einzylinder-Zweitakt Dakarmaschine EXP 2 von Jean Brucy (1995 Dakar-Fünfter) ab.
Die Teamkollegen von Lopez sind noch zu bestätigen und mit Sicherheit muss Gigi dall’Igna, technischer Leiter der gesamten Aprilia-Rennabteilung ein gutes Debriefing nach der Rallye mit seinen Technikern und Piloten halten, es warten 3 heisse Monate auf die Crew in Noale um die Kinderkrankheiten in den Griff zu bekommen und um das Team auf die enorme logistische Anforderung in Südamerika vorzubereiten. Die Dakar ist eben keine italienische Rallyemeisterschaft, dennoch kann man dem Team ein Kompliment für die Leistung in Ägypten machen.
Jetzt müssen die Piaggio-Chefs nur noch das Budget rechtfertigen in einem Moment in dem die Jahresproduktion nach Gewerkschaftsangaben mit 49.000 Fahrzeugen nur noch die Hälfte des Vorjahres beträgt und über 300 Arbeiter gerade unbefristet auf Kurzarbeit nach Hause geschickt worden sind…
Was macht KTM? Schwer zu sagen bzw. es gibt noch keine offiziellen Bestätigungen aber es ist anzunehmen, dass ein Grossteil der 35 Fahrer, die auf der veröffentlichten ASO ELITE Liste stehen und mit 450 cc-Maschine oder mit Restriktor auf der KTM Rallye 690 fahren müssten einen Weg suchen werden um in Buenos Aires an den Start zu gehen. Dies könnte bedeuten, dass es 2010 keine Werksfahrer in Orange mehr gibt sondern nur noch Privatteams auf gedrosselten 690 ern, die logistischen Support vom KTM-Truck bekommen werden denn KTM hat ja die offizielle Teilnahme aufgekündigt und es ist schwer vorstellbar, dass die Mattighofener diesbezüglich einen Rückzug machen.
NEED A BIKE?
Notiz am Rande für wohlbetuchte echte Dakarfans: die Siegermaschinen von Stefan Peterhansel und Edi Orioli aus den Neunzigern sind hier käuflich zu erwerben:
http://www.classic-motorbikes.com/stock.asp?Ref=FC19&Lang=it
http://www.classic-motorbikes.com/stock.asp?Ref=FC10&Lang=it
Autor: Klaus Nennewittz