Die Rallye Dakar 2015 ist Geschichte. Es war das härteste Rennen seit der Veranstalter ASO 2009 nach Südamerika übersiedelte - und ein turbulentes obendrein. Eine Vielzahl von Marken sind bestens präpariert und mit hohen Erwartungen gestartet. Zwei Wochen und 9000 km später ziehen wir Bilanz.
Marc Coma konnte den Angriff der Honda-Meute abwehren. Joan Barreda holte wie im Vorjahr die meisten Etappensiege, blieb aber erneut im Pech. Yamaha ging mit dem neuen Motorrad komplett unter. Alessandro Botturi, Michael Metge und Juan Pedrero kamen nicht ins Ziel. Frans Verhoeven als drittbester Yamaha-Fahrer wurde am Ende Fünfzehnter. Für Verhoeven ist das Abenteuer Dakar beendet. Seit 2005 nahm der 48-jährige an der Rallye teil, mit dem achten Platz als Bestmarke.
Hut ab vor Toby Price. Der 27-jährige Australier ist der beste Rookie seit 1998. Price musste sich nur von den erfahreneren Coma und Barreda schlagen lassen. Price schaffte einen Etappensieg, genau wie Matthias Walkner, der zwar wegen Krankheit in der zweiten Woche aufgeben musste, aber insgesamt ein vielversprechendes Debüt hinlegte. Nach dem Verlust von Kurt Caselli haben die Mattighofener zwei Talente mit Siegpotenzial in ihren Reihen. Sam Sunderland dagegen enttäuschte in seiner ersten Dakar mit KTM. Der Brite bleibt die Konstanz und den Beweis schuldig, dass er das Zeug hat zum Herausforderer.
Ivan Jakes
Die Südamerikaner konnten sich nach dem Rücktritt von Francisco Lopez über Pablo Quintanilla freuen. Der Chilene glänzte als Fünfter und holte einen von insgesamt sieben Etappensiegen für KTM. Der einzige KTM-Fahrer mit zwei Tagessiegen war der Slowake Ivan Jakes, der zum Schluss so richtig aufdrehte. Landsmann Stefan Svitko, ein alter Bekannter aus der Deutschen Cross Country Meisterschaft, blieb ohne Etappenerfolg, landete in der Endabrechnung aber vor Jakes. Quintanillas Landsmann Jeremias Israel lag nicht schlecht im Rennen in seiner ersten Dakar als Honda-Werkspilot. Der Ex-Motocross-Profi muss sich als Wasserträger aber erst hochdienen. Sein Abschleppaktion mit Barreda und sein gespendeter Motor an den Honda-Star bewiesen, dass er absolut professionell auftritt.
KTM in der Erfolgsspur
KTM macht seit Jahren nichts anderes als das zu ernten, was sie in den Neunzigern gesät haben. Wir erinnern uns: Der erste KTM-Werksauftritt bei einer Dakar fand 1994 statt. Kini und Co. hatten damals so gut wie keine Chance gegen die omnipräsente Yamaha- und Cagiva-Übermacht. Auch BMW zeigte dem österreichischen Erzrivalen mehrere Male das Auspuffrohr. Die Bayern begründeten mit der Dakar-Teilnahme zwar bereits in den 80er Jahren ihren andauernden GS-Verkaufserfolg, konnten Ende der 90er auch nochmals punkten, traten dann aber 2001 den Rückzug an. Für KTM waren es sieben harte, steinige aber vor allem lehrreiche Jahre bis Fabrizio Meoni 2001 endlich den lang ersehnten ersten Dakar-Sieg für KTM nach Hause fuhr. Der Grundstein für ein historisches Rallye-Fundament, das seitdem allen mehr oder weniger ernst gemeinten Angriffen der Konkurrenz standhält.
Und während sich der gesammelte Wettbewerb die Zähne an der KTM-Festung ausbeißt, fahren diese die verdiente Umsatz-Ernte ein. Vor rund 20 Jahren als Nischenhersteller gerade noch registriert, fetzt sich KTM nun mit BMW um den Titel des größten europäischen Motorradproduzenten. Das Unternehmen gibt eine Erfolgsmeldung nach der anderen bekannt, war 2014 mit einer fast dreifachen Aktienwertsteigerung der erklärte Börsenliebling in Wien und auch im neuen Jahr gehen die orangenen Bikes weg wie warme Semmeln. Vor allem bei der Jugend, also den 125er Piloten aber auch im mittleren Hubraumbereich, kommt die Marke bestens an, bringt dadurch Stückzahlen und legt den Grundstein für eine nachhaltige Markentreue.
Sportlich macht den Mattighofenern ohnehin kaum einer noch was vor, denn BMW, der einzig ernsthafte europäische Konkurrent in Sachen Motorrad Motorsport, ist dsbzgl. nur noch ein Schatten seiner selbst und andere Europäer quasi kaum existent. Seit drei Jahren versucht sich nun Honda, weltgrößter Motorradhersteller, wieder an der Dakar mit dem erklärten Zie,l diese Situation zu ändern. Dass es die Japaner auch dauerhaft ernst meinen ist klar, denn die Dakar, bzw. überhaupt alles was halbwegs nach "Adventure Racing" aussieht, ist eine der strategischen Stoßrichtungen auf dem Honda Langzeitplan. Die neuen Konzepte hierfür wurden bereits auf den vergangen Herbstmessen präsentiert. Die Wachablösung ging zwar nicht so reibungslos über die Bühne wie sich Honda das vorgestellt hat, wird aber auf jeden Fall weiter forciert, so zumindest HRC-Chef Yoshishige Nomura in einer ersten Stellungnahme. Den Dakar-Machern und der weltweiten Rallye-Community kommt dieses Engagement sicher recht, zumal Yamaha der Dakar wohl weiter die Treue hält und damit die enorme globale Strahlkraft dieses Events noch stärker befeuert.
Was noch?
Laia Sanz wurde an dieser Stelle mehrfach und zurecht gewürdigt. Nach einem 16. Platz im Vorjahr jetzt der Vorstoß in die Top ten. Bis 2013 fuhr die Spanierin eine Gas Gas. Die Katalenen ihrerseits kamen nicht weit beim Debüt der neuen EC 450 Raid. Dani Oliveras brach sich schon während der zweiten Etappe die Hand. Gerard Farres musste auf der umstrittenen achten Etappe wegen Unterkühlung die Segel streichen. Nächstes Jahr ist man wieder dabei, so die Ankündigung. Das Engagement von Sherco wurde trotz Hilfe von TVS nicht belohnt, denn Werkspilot Alain Duclos verlor auf der neunten Etappe fast fünf Stunden nach technischen Problemen. War das Salz vom Vortag schuld? Duclos landete auf Rang 25, Planet wurde auf Platz 29 klassiert.
Aus deutscher Sicht geht der Dakar definitiv ein oder mehrere Teilnehmer in der Motorradwertung ab. Allein das in Südhessen beheimatete X-Raid Mini Team sorgt für zusätzliches Interesse. Darüberhinaus sitzen Dirk von Zitzewitz und Timo Gottschalk erfolgreich auf dem Beifahrersitz und Vater und Sohn Schröder kämpften sich tapfer im privaten Nissan ins Ziel.
Bleibt zu erwähnen, dass Yamaha mit dem Polen Rafael "Super" Sonik und dem Argentinier Jeremias Gonzalez Ferioli einen Doppelsieg bei den Quads feiern konnte. Für Sonik (2 Etappensiege) ist es der erste Dakar-Triumph.