Motocross

Eigentlich hätte Jeffrey Herlings für den WM-Lauf in Lommel aufgrund seiner Verletzung nicht eine Sekunde an einen Start denken sollen, doch der Niederländer tat es kurzfristig doch - und festigt seinen Status als der Mann im Paddock, der Unmögliches möglich macht. Der härteste und sandigste Grand Prix des Jahres bot aber nicht nur eine unfassbare Herlings-Show, denn der Regen sorgte für reichlich Stürze der Favoriten und hält die Titelfrage weiterhin total offen.



Die Chance auf den Titel war es auch, die den Niederländer dazu bewog, doch noch in Lommel anzutreten. Nachdem der KTM-Pilot in Loket sah, wie Tim Gajser wertvolle Punkte verlor, fing Herlings an zu grübeln: „Es war klar, dass mein Knochen 4-6 Wochen zum Heilen braucht. Nach Tims Fehler fing ich an zu rechnen. Durch die Absage von Finnland haben wir nach dem GP in Lettland fast einen Monat Pause und ich dachte mir, dass ich Lommel und Kegums auch mit anderthalb Armen fahren kann.“

Gesagt, getan. Ein weiteren Scan beim Arzt und eine kurze Trainingssession auf dem Bike machten klar, dass Herlings in Lommel fährt. Und wie! Der 26-Jährige hing im ersten Rennen zunächst wie ein Schalk im Nacken von Startsieger Febvre und jeder fragte sich: Wann wird die Verletzung Herlings in die Knie zwingen? Doch das geschah nicht. Nach gut zwei Drittel überholte der KTM-Pilot mit einem schlitzohrigen Manöver den Franzosen und gewann.

In Lauf zwei wurde Herlings endgültig zum Terminator und zeigte eindrucksvoll, dass er der König im Sand ist. Zu Beginn stürzte Jeffrey und fuhr danach furios durch das gesamte Feld. Bei Rang 5 war Schluss und der vierfache Weltmeister erntete für seine Leistung nicht nur von den Zuschauern Beifall.



Neben dieser Ausnahmeleistung, über die man noch lange sprechen wird, gab es viele Stürze, die meisten davon gingen ohne Verletzungen aus. Der Regen machte der tiefen Strecke zwar nichts aus, aber für die Fahrer wurde es dennoch nicht einfacher. Selbst Tagessieger Romain Febvre ging in beiden Wertungsläufen zu Boden, dennoch schenkte der Franzose seinem scheidenden Team einen beeindruckenden Sieg. Dabei halfen ihm seine guten Starts. Bereits bei den Pre-Season-Races war zu sehen, dass Kawasaki im Winter irgendetwas gefunden hat, dass die Starts verbessert. Febvre ging jeweils als Führender in die Rennen, den zweiten Holeshot holte sein Team-Kollege Monticelli.

Tabellenleader Tim Gajser glänzte nur mit der schnellsten Zeit in der Qualifikation, besonders im ersten Rennen wirkte er etwas gehemmt. Nach Stürzen waren die Ränge 7 und 4 nicht das, was der Slowene braucht. Pauls Jonass kehrte hingegen mit zwei sehr guten Läufen zurück aufs Podium zurück.

MX2 - de Wolf elektrisiert

Die MX2-Klasse war nicht weniger spannend, besonders das Duell zwischen Kay de Wolf und Jago Geerts elektrisierte das Publikum. Geerts rang im ersten Moto seinen Teamkollegen Maxime Renaux nieder und gewann. Im zweiten biss er sich allerdings die Zähne an Kay de Wolf aus. Der Niederländer war mit seiner Husqvarna von Beginn an in Führung und lieferte sich bis zum Schluss ein enges Duell mit Local Hero Geerts. Der erste WM-Laufsieg für den erst 16-Jährigen de Wolf.

Die Yamaha-Boys um Geerts, Renaux und Benistant machten da weiter, wo sie in Loket aufhörten. Ganz vorne! Nur de Wolf konnte die momentane Dominanz der Blauen durchbrechen. Ganz anders läuft es bei KTM. Mattia Guadagnini stürzte mehrfach und kam nicht mal in die Top 10. Weltmeister Vialle konnte aufgrund seiner Verletzung in den letzten Wochen nicht im tiefen Sand trainieren und wurde nur Siebter.

Aufwärts ging es für Simon Längenfelder. Besonders im zweiten Moto drehte er zur Rennmitte richtig auf und fuhr von Platz 15 auf die 8. Position vor. Am Ende Rang 10 und 9 für den besten Deutschen im Feld.

EMX & WMX - Spies dominiert

Seinen Sieg in Loket wiederholte Max Spies auch in Lommel eindrucksvoll. Dabei war für den Brandenburger gar nicht geplant, die Zweitakt-Meisterschaft komplett zu bestreiten: „Durch die Strafe in Oss bei der EMX250 (Anm. d. Red.: Spies wurde wie viele andere um 10 Plätze zurückversetzt und verpasste dadurch die Qualifikation) und meinem Sieg in Loket, haben wir mit Fantic entschieden, uns auf den Zweitakt-Titel zu konzentrieren“, erklärte uns Max. In Lommel gelang das im zweiten Rennen eindrucksvoll, als er von außerhalb der Punkteränge noch zum Sieg fuhr.

Die EMX250 ist aus deutscher Sicht hingegen ein Trauerspiel, denn es qualifizierte sich niemand für die Rennen. Sieger wurde erneut Spies` Team-Kollege Nicolas Lapucci auf der Zweitakt-Fantic.

In der WMX gibt es mit Shana van der Vlist eine neue Tabellenführerin. Shana und Lynn Falk boten sich besonders im ersten Moto ein spannendes Duell um den Sieg. Weltmeisterin Courtney Duncan kam ebenso wenig zurecht wie Larissa Papenmeier.

Good to know

Für Henry Jacobi war es ein Wochenende zum Vergessen. In Lauf eins streikte die Honda nach zwei Runden, in Durchgang zwei hielt sie immerhin vier Runden durch. Ähnlich erging es Tom Koch im ersten Rennen. Im zweiten lieferte der Thüringen allerdings ab und überquerte als 19. die Ziellinie. Lion Florian holte in der MX2 als 17. weitere Punkte, musste aber nach Sturz in Moto 2 zum Arzt, der Prellungen in der Schulter diagnostizierte.

Bei Kawasaki drehen sich die Stühle. Nachdem verkündet wurde, dass das aktuelle MXGP-Team „KRT“ 2022 nicht mehr ans Gatter gehen wird, kristallisiert sich nun heraus, was offensichtlich ist: So gilt als sicher, dass IceOne Racing ab der kommenden Saison das grüne Werksteam stellt. Ob es in der MX2-Klasse ebenfalls Änderungen bei Grün gibt, bleibt abzuwarten. So wird hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass F&H Kawasaki das Interesse an der WM verloren hat. Hier ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen.

Ob Romain Febvre den Grünen dabei treu bleibt ist ungewiss. Dem Vernehmen nach hat der Franzose von Nestaan Husqvarna ein gutes Angebot vorliegen, von IceOne allerdings nichts. Alle anderen MXGP-Piloten ohne Vertrag für 2022 warten nun darauf, was Febvre macht. Der Franzose ist der einzige Top-Pilot ohne Vertrag und erst wenn er unterschreibt, werden andere Deals konkret.

Ergebnis MXGP

Ergebnis MX2

Punktestand MXGP

Punktestand MX2 

Foto: Ray Archer