Noch nie konnte ein Motocross-Weltmeister in die USA wechseln und auf Anhieb den Outdoor-Titel gewinnen. Greg Albertyn, Sebastien Tortelli, Tyla Rattray und Marvin Musquin waren oder sind Spitze, aber verfehlten den Coup. Grant Langston war 2001 ganz nah dran, sogar schon fast Meister, bevor sich sein Hinterrad beim Finale in Steel City auflöste und Mike Brown den Titel erbte. Jean-Michel Bayle holte 1991 gleich drei AMA Titel (Supercross, MX 250ccm, MX 500ccm). Nur: der Franzose brauchte nach seinem WM-Titel 1989 ein Jahr Anlauf.
Jetzt Ken Roczen. Der 18-jährige ist bereits der jüngste Deutsche mit WM-Punkten, der jüngste ADAC MX Masters Champ, der jüngste Grand Prix Sieger und der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Ausserdem natürlich der erste Deutsche mit einem Supercross-Erfolg in Amerika. Auf den KTM-Piloten warten mindestens ein halbes Dutzend Konkurrenten, eine Prognose scheint unmöglich.
Dean Wilson ist der Titelverteidiger, aber angeschlagen. Der Schotte mit kanadischer Kindheit musste zuletzt mehrere Stürze im Supercross verkraften, ausgekugelte Schulter inklusive. Wilson wurde an der Westküste trotzdem Vizemeister. Teamkollege Blake Baggett war letztes Jahr oft der schnellste 250er Pilot - er gewann immerhin fünf von 12 Rennen - wurde aber am Ende nur Dritter. Diese beiden sind die Pro Circuit Kawasaki Hoffnungen, nachdem Tyla Rattray befördert wurde und auf der 450er den verletzten Ryan Villopoto vertritt.
GEICO Honda bringt mit Eli Tomac und Justin Barcia ein bärenstarkes Duo. Beide sind besser denn je und haben nach einer durchwachsenen MX-Saison 2011 einiges gutzumachen. Für Barcia ist es die letzte Chance, einen 250ccm Motocross-Titel zu gewinnen, bevor er nächstes Jahr aufsteigt. Auch Justin Bogle ist nicht zu unterschätzen.
Bei Yamaha hofft man auf Gareth Swanepoel und Kyle Cunningham, bei Suzuki in erster Linie auf Blake Wharton. Aber auch Martin Davalos und Jason Anderson waren zuletzt stark im Supercross.
Schliesslich muss Ken Roczen noch seinen alten Erzrivalen und KTM-Kollegen Marvin Musquin beachten. Musquin und Roczen lieferten sich 2010 einen engen Kampf um den WM-Titel, mit dem Franzosen als Welt- und dem Deutschen als Vizemeister. Musquin war letzte Saison zweimal verletzt und kennt nicht alle U.S. Strecken, aber zumindest einige. Seit Salt Lake City hat er eine Verletzung an der linken Hand und musste letzte Woche unters Messer. Seine Teilnahme beim Saisonstart scheint möglich, dann aber wohl mit Schmerzen.
Ken Roczen betritt streckenmäßig weitestgehend Neuland. Auch wettermäßig warten einige brutale Hitzeschlachten. Die U.S. Meisterschaft bietet den Fahrern deutlich kürzere Trainingssitzungen als in der WM üblich. Ein Schlüssel zum Erfolg wird sein, die Pisten in kürzester Zeit kennenzulernen. Roczen sagte im Interview, dass er solide beginnen und sich im Laufe der Saison steigern wolle. Die Rennen in den USA sind fünf Minuten kürzer als in der WM und finden als Eintagesveranstaltungen samstags statt.
Serienpromoter MX Sports hatte angekündigt, ServusTV werde eine Zusammenfassung der Rennen zeigen. In einer Pressemeldung von gestern wird Sport1 als Sendepartner genannt. Genaue Sendezeiten liegen baboons.de noch nicht vor, aber traditionell werden die ersten Läufe der 250er und 450er live und gratis auf www.allisports.com gezeigt. Die Übertragung aus Hangtown beginnt am Samstagabend um 22.00 Uhr deutscher Zeit.
Foto: Hoppenworld.com