Jens Getteman ist der neue Dominator in der Deutschen Motocross Meisterschaft. Der Belgier führt aktuell in der Deutschen Junioren Meisterschaft 250ccm und der Klasse Open. Aber was macht ihn plötzlich so stark?
Der 24-Jährige Kawasaki-Pilot wechselte letztes Jahr ins Team von Meistermacher Harald Pfeil. Getteman zeigte eine solide Saison, gewann früh einen Lauf der prestigeträchtigen ADAC MX Masters Serie und wurde am Ende Vizemeister. Aber dass er mehr kann, darin waren sich Experten sicher. Jetzt ist 2018, und nach vier Rennen in der DM Open und zwei in der Junioren-DM führt der Flame in beiden Klassen. Das steckt dahinter.
Getteman hat für die enormen Anforderungen, die an einen Motocross-Profi gestellt werden, mal wieder monatelang im Kraftraum, auf dem Fahrrad und dem Laufband geschuftet. Ein gutes Wintertraining und bloß keine Verletzungen, das ist in vielen Sportarten die Grundvoraussetzung für eine starke Saison. Der Flame mit Wohnsitz Zelzate ist ohne Probleme durch die dunkle Jahreszeit 2017/2018 gekommen, ist körperlich fit und mental gereift. Irgendwie ruht der belgische Ex-Meister in sich selbst. Und das zeigt sich in den Ergebnissen.
„Ich bin 2017 nach Deutschland gekommen, kein Riesenschritt, aber vieles war neu: das Motorrad, das Team, die Strecken“, berichtet Getteman. „Ich musste mich eingewöhnen, bin gut in die Saison gestartet, habe dann aber etwas den Fokus verloren. Harald Pfeil ist als ehemaliger Rennfahrer und langjähriger Teambesitzer ein erfahrener Mentor, ich wollte das aufsaugen, wahrscheinlich wollte ich zu viel auf einmal und bin im Rückblick auch zu viele Rennen gefahren. Das Team hat in zehn Jahren mehr als 20 wichtige Titel gewonnen, ich wusste das, ich wusste, die können Motocross.“
„Der Saisonauftakt bei den ADAC MX Masters, als Jens auf Anhieb gewann, hat Erwartungen geweckt“, schildert Harald Pfeil, Teambesitzer und Chef im Thüringer Monster Energy Kawasaki Elf Team Pfeil. „Jetzt war er der Gejagte und alle haben auf ihn geschaut. Von eben auf sofort war die Lockerheit weg. Er hat bei uns Top-Material, das weiß er. Aber wenn es nicht rund läuft, rufen die Fahrer schnell nach Veränderungen am Motorrad. Das ist normal, in der MotoGP, der Motocross-WM, bei den Amateuren, das ist immer so, meistens ist es falsch, trotzdem lässt du dich verführen, verzettelst dich - das Wesentliche ist aber die Fitness. das Fahrkönnen und der Glaube an die eigenen Fähigkeiten.“
Getteman gewann im Laufe der Saison 2017 noch einzelne Wertungsläufe, schaffte diverse Podestplätze und zur Freude der Kawasaki-Fans den Masters-Vizetitel. Aber in der ebenfalls wichtigen Deutschen Motocross Meisterschaft blieb „JG251“ insgesamt hinter den Erwartungen zurück. Also analysierten Team und Fahrer im Herbst die Situation. „Ich habe nie an seinem Können gezweifelt, aber oft hat er die Starts verhauen“, ergänzt Harald Pfeil. „Das Losfahren am Gatter ist entscheidend in unserem Sport. Mit einem schlechten Start ist alles schwer, auch wenn die Rennen 35 Minuten lang dauern. Bei Jens hat das eine Zeit lang nicht gut funktioniert. Ich habe mir die Haare gerauft und zugeschaut, wie er von hinten das Feld aufrollt (Pause). Trotzdem war ich unterm Strich happy, ihn im Team zu haben und wir beschlossen, dass wir weitermachen und uns konsequent auf die Rennserien in Deutschland konzentrieren sowie auf unsere Stärken.“
2018 - mit Köpfchen und Plan zum Erfolg
Getteman begann das zweite Jahr im Monster Energy Kawasaki Elf Team Pfeil dann auch solide. Nach dem sorgenfreien Winter und einer unaufgeregten Vorsaison mit ersten Top-5-Ergebnissen, begann er eine Siegesserie vom Feinsten. Von Mitte April bis Mitte Mai feierte er einen dominanten Hattrick in der DM Open und einen sicheren Sieg zum Auftakt der Junioren-DM 250. In der Klasse Open holte Getteman in diesem Zeitraum 147 von 150 möglichen Punkten. In beiden Klassen ist der Belgier Tabellenleader. Am vergangenen Wochenende in Pflückuff kletterte er erneut aufs Podest. Mit zweimal Rang zwei konnte der „grüne Pfeil“ seinen Vorsprung in der 250ccm Junioren-Meisterschaft auf komfortable 34 Punkte ausbauen. Und das nach nur zwei Veranstaltungen! In der Klasse Open geht es am kommenden Wochenende in Wilnsdorf im Siegerland in die zweite Saisonhälfte. Hier führt Getteman vor seinem tschechischen Teamkollegen Filip Neugebauer, selbst vielfacher Deutscher Motocross Meister.
„Ich bin angekommen“, freut sich der Pilot aus Ostflandern. „Die Puzzlestücke passen und das Selbstvertrauen auch. Aber es gibt noch etliche Dinge, wo wir uns gemeinsam verbessern können. Harald ist nie 100% zufrieden, aber ich mag das und inzwischen brauche ich es auch, um mich noch mehr zu pushen. Im Motocross werden Fehler schnell bestraft. Ein Patzer kann schlimme Folgen haben, ein unverschuldeter Sturz und - wenn es dumm läuft - bist du im Krankenhaus. Da war ich oft genug, Knochenbrüche und was halt so dazugehört (lacht). Ich will diese Saison gesund durchfahren und Titel gewinnen. Dafür werde ich weiter hart und fokussiert arbeiten. Es ist das bisher beste Jahr meiner Profikarriere. Das soll so bleiben. Dafür werde ich alles tun.“