Die zweitägige Extrem Enduro-Veranstaltung vor der Kulisse der türkischen Küste und des Olympus-Berges bei Kemer bot den Fahrern optimale Rennbedingen und einen perfekten Ablauf. Das Rennen startete am Samstag mit zwei aufeinanderfolgenden Qualifikationsläufen für die Startaufstellung: Strandrennen und Waldrennen.
Nachdem Johnny Walker, Chris Birch und Xavi Galindo am Morgen ihre Vorliebe für sandige Motocross-Tracks voll ausgespielt und das Strandrennen dominiert hatten, jagte Birch im Wald am gestürzten Walker vorbei und fuhr den Tagessieg ein. Doch generell war der Samstag eher von strategischer Zurückhaltung der Top-Fahrer geprägt, die keine Risiken eingingen und sich für das Bergrennen am Sonntag alle Optionen offen hielten.
Die Pechvögel des Tages waren Darryl Curtis, der schon auf dem MX-Track zwei Reifenpannen hatte und Galindo, der fast die gesamte Strecke auf einem Plattfuß fuhr und es trotzdem in die Top 10 schaffte. Die Sonderprüfung am Strand war der Favorit vieler Fahrer und Zuschauer sowie Bühne für unzählige Showeinlagen. Hauptattraktion war der Mega-Sprung über eintrockenes Flussbett, auf den diverse Fahrer hochmotiviert Anlauf nahmen um dann doch lieber in die „Chicken Line“ abzubiegen... Auch die Gerade am Strand, die Geschwindigkeiten von bis zu 130 km/h zuließ, bot Sehenswertes: unter anderen Chris Birch, der hier konsequent sein Vorderrad schonte...
Aus den Ergebnissen wurde die Start-Reihenfolge für das nächste Rennen ermittelt: Walker, Birch, Galindo, Graham Jarvis und Andreas Lettenbichler gingen entsprechend ihrer Top-Platzierung als erste im 30-Sekunden Abstand auf die Waldsonderprüfung. Die führte über einen Kanal und ein trockenes Flussbett aus Kemer heraus und forderte die Fahrer mit heftigen Singletrails und steilen Hindernissen.
Diese Sektion mit ihren 35 km und 13 Checkpunkten war in etwa 90 min zu schaffen und wurde in folgender Reihenfolge abgeschlossen: Birch, Walker, Jarvis, Lettenbichler. Insgesamt haben es hier nur ca.40% der Starter innerhalb der Maximalzeit ins Ziel geschafft. Noch höher waren die Ausfälle dann am Sonntag: Obwohl die Bedingungen wieder optimal für die Fahrer waren, war das Rennen so ausgelegt, dass die Hindernisse mit zunehmenden Höhenmetern gen „unmöglich“ tendierten – und so kamen von den insgesamt 83 Starten aus 15 Nationen auch nur 12 Fahrer am Red Bull Zielbogen auf dem Olympus Berg auf 2365 m an.
Für den Rest spielten sich teils dramatische Szenen auf dem letzten Viertel der 42 km langen Strecke mit ihren 17 Checkpunkten ab: entkräftete Fahrer kämpften um jeden Höhenmeter – viele gaben jedoch irgendwann ihr Motorrad auf und liefen zu Fuß ins Ziel. Aber nicht umsonst bemerkte Martin "Frejn" Freinademetz dazu im Vorfeld: „Enduro ist kein Kinderfasching!“
Auch für die Elite der Extrem Enduro Fahrer galt am Sonntag: „Alles oder nichts“, wobei es bei ihnen weniger darum ging, oben anzukommen, sondern vielmehr darum, in welcher Reihenfolge. Entsprechend entfesselt ging es von Anfang an mit Vollgas ins Rennen. Wie auch am Samstag führte Walker für lange Zeit das Feld, mit Jarvis eng im Nacken. Erst in der zweiten Hälfte wollte ihm ein Baum partout nicht ausweichen, so dass er sich an der Schulter verletzte und Jarvis vorbeizog.
Auch am Samstag hatte Walker die Führung durch einen Sturz an Birch abgegeben. Jarvis, der wieder präzise wie ein Chirurg fuhr und keinen Zweifel an seiner Favoriten-Rolle aufkommen ließ: „Ich hatte soviel Spaß und so einen guten Lauf heute, ich kann es gar nicht beschreiben! Dieses Rennen ist ein Traum für jeden Enduro-Fahrer. Und Walker war in den schnellen Passagen einfach nicht zu überholen, selbst im engen Geläuf, welches mir besser liegt, hatte ich Schwierigkeiten, an ihm vorbeizukommen.“
Der Tagessieger vom Samstag, Chris Birch, über seinen dritten Platz: „Obwohl ich auf Sieg gefahren bin, ist der dritte Platz ein super Ergebnis für mich, zumal Xavi, an dem ich lange nicht vorbeikam, ihn nicht freiwillig hergegeben hat. Ich freue mich aber auch für Graham, der ist einfach in Top-Form und hat den Sieg verdient!“
Galindo, der am Samstag trotz Panne unter die Top 10 fuhr und dann den Podiumsplatz nur 200 m vor dem Ziel an Birch verlor, war am Boden zerstört.
Andreas Lettenbichler: „Ich bin begeistert vom Red Bull Sea to Sky, das ist mein neuer Favorit! Die extrem abwechslungsreiche Streckenführung mit endlosem Fahrspaß am Strand und danach Hard-Rock im Berg sowie Schwierigkeitsgraden von null bis einhundert: absolut Klasse!“ Lettenbichler war an beiden Tagen als Top-Favorit unterwegs, musste jedoch am vorletzten Checkpunkt am Sonntag mit einer defekten Zylinderkopfdichtung aufgeben, nachdem sein Motorrad lange ohne Kühlwasser durchgehalten hatte.
Zur Siegerehrung am Sonntagabend mit anschließender Beach-Party wurden dann neben den Siegerprämien Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen verliehen: die 12 Fahrer, die es in der vorgegebenen Zeit ins Ziel geschafft haben, erhielten Gold, darunter die beiden Deutschen Philip Scholz und Tommy Kunert. Die 24 Fahrer, die bis an die Baumgrenze auf ca. 1700 m gekommen sind, erhielten Silber, und Bronze gab es für die 27 Fahrer, die durch das Flussbett bis in die ersten Waldsektionen kamen.
Mit der Beach-Party wurde dann auch eine weitere wichtige Komponente des Red Bull Sea to Sky eingeleitet: dem Erholungsprogramm. Zwar wurden auch schon während des Wochenendes viele Fahrer am Strand und in den türkischen Bädern gesichtet, doch mit den Jeep- und Enduro-Ausflügen wartet Anfang der Woche noch ein weiterer Höhepunkt auf die Teilnehmer und deren Familien beziehungsweise Teams.
Damit geht eine erste Edition des Red Bull Sea to Sky zu Ende, für das viele Teilnehmer eine extrem lange Anreise und aufwendige Logistik in Kauf genommen hatten und trotzdem unbedingt wieder kommen wollen.
Martin "Frejn" Freinademetz: „Wir sind froh, dass die Veranstaltung so reibungslos und ohne schwere Verletzungen abgelaufen ist und sind stolz auf die Anerkennung, die wir von den Fahrern für die perfekten Markierungen, die hohen Sicherheitsstandards und die tolle Strecke bekommen aben. Wir bedanken uns noch einmal bei der Stadt Kemer und dem lokalen Kemer Enduro Club für die großartige Gastfreundschaft und unermüdliche Unterstützung!“
1. Graham Jarvis, GBR, Husaberg
2. Johnny Walker, GBR, KTM
3. Chris Birch, NZL, KTM
4. Xavi Galindo, SPA, Husaberg
5. Melcior Faja, SPA, KTM
6. Riaan van Niekerk, RSA, Husaberg
7. Darryl Curtis, RSA, Husaberg
8. Philip Scholz, GER, KTM
12. Tommy Kunert, GER, KTM
Fotos: http://www.flickr.com/photos/redbullromaniacs/sets/72157627245726519/