Enduro Group

Mit dem Kauf der Marke Husqvarna hat sich die KTM AG einen Motorrad-Hersteller mit einem unvergleichlichen historische Offroad-Background gesichert. Ein kurzer Rückblick: Husqvarna wurde im Jahr 1689 gegründet und produzierte Musketen für das schwedische Militär – womit auch das Design des Labels „Husqvarna“ seinen Ursprung trägt. Denn es stellt einen von vorn betrachteten Gewehrlauf dar und nicht wie oftmals angenommen eine Krone. Die Produktion von Motorrädern begann 1903. Zunächst wurden Straßenmotorräder produziert, die unter anderem an prestigeträchtigen Rennen wie beispielsweise die Tourist-Trophy teilnahmen. Die leichtgewichtigen Zweitakter – eine Entwicklung aus dem zweiten Weltkrieg – wurden für den Geländesport modifiziert, so dass diese Husky Mitte der 50er ziemlich populär waren. Es folgten verschiedene Zweitakt- und Viertaktmodelle, die zwischen 1960 und 1963 dem Hersteller fünf Motocross-Weltmeistertitel in der 250er und 500er Klasse bescherten. Unter anderem waren hier Größen wie Torsten Hallmann, Malcom Smith und der Filmstar Steve McQueen in den 60er und 70er äußerst erfolgreich zu Gange. 1983 setzte Husqvarna einen weiteren Meilenstein in seiner Historie mit dem 500er Viertakter.  Der Erfolg ging weiter bis in die späten 80er Jahre unter der Führung der Elektrolux-Gruppe, die dann 1987 die Motorrad-Sparte an die Cagiva-MV-Augusta-Gruppe verkaufte. In 2007 übernahm bekannterweise BMW die Geschäfte bis März 2013. Dann erfolgte durch die KTM AG die Übernahme und Verlegung der Produktion nach Mattighofen in Österreich. Unter dem Motto „REUNION“, zu deutsch Wiedervereinigung, führt KTM die beiden Marken Husaberg und Husqvarna nach gut 25 Jahren wieder zusammen.

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Am wichtigsten dürfte für viele natürlich die Frage sein, ob nur eine KTM in anderem Kleid oder doch eine gewisse Eigenständigkeit zu erwarten ist. Vorab kann getrost gesagt werden, dass letzter Punkt zutrifft. Sicherlich ist dies rein optisch nicht sofort erkennbar. Doch die Fakten und die gewonnen Fahreindrücken bestätigen diese Einschätzung.

Motocross Group

Die Modellvielfalt hat sich gegenüber der Husaberg-Modellreihe um sechs weitere Modelle in der Motocross-Sparte erweitert. Somit stehen dem Endverbraucher im Endurosegment drei Zweitakter mit 125, 250 und 300 Kubikzentimetern und vier Viertakter mit 250, 350, 450 und 501 Kubikzentimetern Hubraum zur Auswahl.

ACTION-Video: Husqvarna MX 2014


Bei den Crossern kann man sich zwischen der 85er, 125er und 250er mit Zweitakt-Motor und bei den Viertakter zwischen der 250er, 350er und 450er entscheiden. Insgesamt hat man bei bei Husqvarna „Made in Austria“ ganze 13 Modelle zur Auswahl. Natürlich wird das Ganze wie üblich durch eine Husky-Style- und Husky-Power-Linie begleitet, so dass für jedermann eine individuelle Zusammenstellung seiner eigenen Husqvarna inklusive Bekleidung möglich ist – das erfolgreiche KTM-Marketing-Konzept lässt grüßen.

FE-TE Chassis

Was ist neu und anders: Das sicherlich entscheidende Merkmal gegenüber einer KTM und einer Husaberg ist sicherlich das Fahrwerk. Hinten arbeitet ein WP-DCC-Federbein über eine progressive Umlenkung und vorn verrichtet die bekannte WP-4CS-Upsidedown-Gabel bei den Enduros ihre Arbeit. Bei den Crossern kommt allerdings eine 48er WP-Gabel mit Closed-Cartridge-Technologie zum Einsatz.

FE-TE Airbox

Große Gemeinsamkeit bei allen Modellen ist das dreigeteilte mit Fiberglas verstärkte Kunststoff-Heck mit Ausnahme der TC 85. Es besteht aus hochfestem Polyamid, das aber im Vergleich zu einer traditionellen Leichtmetall-Konstruktion mehr Flexibilität bietet. Im Fall eines Sturzes wird laut Hersteller nicht das Heck wie bei einer Leichtmetall-Version verbogen, sondern federt elastisch in die Ursprungslage zurück. Darin untergebracht sind Airbox, Elektrik und Eingriff-Möglichkeiten zum Herumheben des Offroaders.

FE Engine management system

Alle anderen Komponenten sind sowohl aus der KTM-  als auch der Husaberg-Modellreihe bekannt. Für eine optische Differenzierbarkeit wurde das Design angepasst, der Ventildeckel traditioneller Weise in der Farbe Gelb beschichtet und der Kupplungsdeckel mit einem Husky-Logo versehen.

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Bei allen Enduro-Zweitaktern bis auf die 125er befindet sich serienmäßig ein Elektro- und ein Kickstarter an Bord. Die Crosser verfügen bei den Zweitaktern nur über einen Kickstarter und bei den Viertakter ausschließlich über einen Elektrostarter. Die TE 125 hat als einzige Ausnahme eine Magura-Kupplungsarmatur. Dagegen wird bei allen anderen Modellen auf das bekannte Brembo-Produkt gesetzt. Bei den Enduro-Modellen setzt man Neken-Lenker und bei den Cross-Modellen Renthal-Lenker ein.

FC-TC Chassis

Fahrwerksseitig arbeitet man bei den Enduros mit einem Federbein, das einen Kolbendurchmesser von 139 Millimetern aufweist. Bei den Crosser dagegen sind 135 Millimeter das Maß der Dinge. Bei beiden Modellreihen folgt man dem amerikanischen Style und lässt das Heck spürbar tiefer liegen, um gerade aus den Kurven heraus unterstützend mehr Traktion zu gewährleisten und folglich auch mehr Speed mitnehmen zu können. Auf Grund dieser Maßnahme warten die Enduros mit einer Federwegpaarung von 300 vorn zu 330 Millimetern hinten und die Crosser von ebenfalls 300 vorn, aber 317 hinten auf. Wie verhält sich das im Einsatz? Relativ einfach gesagt: Überraschend gut. Mit den Enduros durch die schwedischen Wälder zu fahren ist schon an sich eine Erfahrung der besonderen Art.

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Die Tracks sind mit Wurzeln und Steinen geradezu übersät, so dass man hierfür eine spezielle Fahrwerkseinstellung benötigt. Hinzu kommen diverse Auffahrten über meterlange Steinplatten, was ebenso für die Abfahrten gilt, die dann im Abschluss noch mit leichtem sumpfartigen Untergrund aufwarten. Was bereits bei der ersten Auffahrt über Felsplatten, Wurzeln gespickt mit durchnässter Erde auffiel, war die unerwartet hohe Traktion am Hinterrad.

ACTION-Video: Husqvarna ENDURO 2014


Eigentlich bot der Enduro-Track um den traditionsreichen WM-MX-Kurs im schwedischen Udevalla auf Grund des Dauerregens keine vielversprechenden Aussichten auf Fahrspaß. Doch trotz der widrigen Umstände überzeugte das fahrerische Potenzial der Enduros derart, dass auf den teilweise sehr ausgefahrenen mit tiefen Spurrillen aber auch vielen Steinplatten gespickten Strecken trotz Regen Fahrspaß garantiert war.

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Zeitweise war es sogar möglich einige Passagen sitzend zu absolvieren. Hintergründe: Die neue Hebelumlenkung in Verbindung mit Setup verfügt über ein hervorragendes sensibles Ansprechverhalten und bietet zum Ende hin ausreichend Progression, um härtere Stöße abzufangen. Bedeutet die progressive Dämpfungskurve bietet im ersten Eindruck eine spürbar bessere Performance als die linear Auslegung des direkt angelenkten PDS-Dämpfers – ein direkter Vergleich steht noch aus.

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Identisches gilt für die MX-Strecke. Hier stellt man gerade über Beschleunigungs- und Bremswellen eine völlig anderes Fahrverhalten als bei den Orangefarbenen fest. Beim harten Beschleunigen aus den Anliegern bis hin zum Absprung liegt die Husky extrem ruhig, hält die angepeilte Spur ohne dabei mit dem Vorderrad die Bodenhaftung zu verlieren. Das Beschleunigen über die vorhanden Wellen in den tiefen Spurrillen ist deutlich einfacher und entspannter, da das sensible Ansprechverhalten des Dämpfers die Stöße absorbiert.

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Gleichermaßen werden bei weiten und hohen Sprüngen extrem harte Landungen durch ausreichend vorhandene Fahrwerksreserven ohne weiteres abgefangen. Bei Bremswellen tritt das so genannte Hochkicken des Hinterrads nur minimal auf. Natürlich ist das passende Fahrwerks-Setup für das eigene Fahrergewicht und die persönlichen Vorlieben Grundvoraussetzung.

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DDS-Kupplung (ENDURO) links, CSS-Kupplung (MX) rechts

Was jedoch auffällt ist die relativ direkt agierende und technisch von den Enduro-Modellen abweichende MX-Kupplung (nur FC 250 und FC 350). Sie bedarf einer deutlich höheren Bedienkraft als bei den Enduromodellen. Motorseitig gibt es nichts neues zu berichten, da hier ausschließlich auf die bekannte Produktpalette von KTM zurückgegriffen wird. Fairerweise muss man sagen, dass dies vor allem betriebswirtschaftliche Hintergründe hat. Denn auch für einen Motorrad-Hersteller wie KTM ist es nicht möglich innerhalb von nicht einmal einem Jahr eine komplette Modellreihe völlig neu zu entwickeln. Zudem wären zur Refinanzierung der Entwicklungskosten Jahre notwendig, was eine kontinuierliche Weiterentwicklung einbremsen würde.

Oliver Gohering - Managing Director

Managing Director Oliver Göhring (s.o.) teilte in einem Gespräch mit, dass Husqvarna getrennt von KTM eine eigenständige Marke bleibt, die als Premium-Produkt innerhalb des Konzerns auftreten wird. Bereits im nächsten Modelljahr soll eine massive Design-Änderung herbeigeführt werden. Bezüglich der Motoren ist man überzeugt, das man mit den KTM-Aggregaten die beste Basis besitzt. Weshalb also das Rad neu erfinden?

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Bezüglich des Renn-Engagements gibt es einiges zu berichten: Im MX-Segment wird es ein MX1- und MX2-Team geben.

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Im Endurolager wird das bisherige Husaberg-Team in vollem Umfang in das neue Husqvarna-Factory-Team umgewandelt. Auf nationaler Ebene stehen die Entscheidungen noch aus.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die neuen Husqvarna-Modelle doch anders sind als zunächst gedacht. Logischerweise war zu erwarten, dass „Made in Austria“ eine gewisse Affinität zu KTM und den vorangegangenen Husabergs beherbergen wird, was sowohl technisch als auch optisch unzweifelhaft zu bestätigen ist. Dennoch lassen sich nahezu alle neuen Husqvarna-Modelle deutlich anderes fahren als die Orangefarbenen. Damit ist der intern gewünschte Unterschied realisiert worden. Wie er sich im Verkauf niederschlagen wird bleibt abzuwarten. Denn preislich gesehen bewegen sich die neuen Husqvarna bereits im High-End-Bereich.



FACTORY-TEAMS

Motocross-Weltmeisterschaft:
MX1 – ICE1 Racing (Inhaber: Kimi Räikkönen, Teammanager: Antti Pyrhonen)
- Tyla Rattray
- Todd Waters
MX2  - Wilvo Nestaan Husqvarna Factory Racing (Teammanager: Jacky Martens)
- Romain Febvre
- Alexander Tonkov

Enduro-Weltmeisterschaft (Teammanager: Thomas Gustavsson)
- Pierre Alexander Renet
- Joakim Ljunggren
- Loic Larrieu
- Jamie McCanney
- Thomas Odrati

Extreme-Racing(Teammanager: Xavier Galindo)
- Graham Jarvis
- Alfredo Gomez
- Xavier Galindo

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Preise 2014*:

ENDURO

Zweitakter
TE 125 7.645,00 Euro
TE 250 8.445,00 Euro
TE 300 8.695,00 Euro

Viertakter
FE 250 9.245,00 Euro
FE 350 9.395,00 Euro
FE 450 9.495,00 Euro
FE 501 9.795,00 Euro

MOTOCROSS

Zweitakter
TC 85   5.245,00 Euro
TC 125 7.345,00 Euro
TC 250 8.045,00 Euro

Viertakter
FC 250 8.495,00 Euro
FC 350 8.845,00 Euro
FC 450 9.045,00 Euro

* zzgl. Nebenkosten

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Verfügbarkeit:
Ab Anfang November sollen bereits die ersten Modelle bei den Händlern stehen. Geplant ist eine Produktion von 11.000 Einheiten für den weltweiten Markt, die über die nächsten Jahre bis auf 20.000 gesteigert werden soll. Gerade Australien und die USA stellen aktuell eine der wichtigsten Märkte dar, wenn es um Wachstum geht. Deutschland ist in Europa – betrachtet man die komplette Modellpalette – der stärkste Markt überhaupt.

Fotos: Christof, Husqvarna
Text: S. Christof
Weitere Infos und technische Daten: www.husqvarna-motorcycles.de


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