Kurz vor seinem Abflug zur Messe nach Tokio haben wir bei Thomas Kuttruf, KTMs Mann für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, nachgefragt.

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baboons.de: Herr Kuttruf, sie zeigen in Tokio erstmals ihre beiden Elektro-Prototypen Freeride der Öffentlichkeit. Warum gerade Japan?

Thomas Kuttruf (PR Manager KTM Sportmotorcycle AG): Die "Tokio Motorcycle Show" ist de facto eines der wichtigsten Ereignisse im Messekalender. Und es hat bei KTM auch eine gewisse Tradition Meilenstein-Neuheiten, mit denen wir eine komplett neues Feld betreten, in Japan zu  präsentieren. Auch wenn wir bereits klare Pläne zur Produktion der ersten elektrisch angetriebenen KTM-Sportenduro haben, kann es nicht schaden, bei dieser Messe Reaktionen zu erfassen und einen Blick auf das allgemeine Trend-Barometer zu werfen. Ich glaube es gibt ein japanisches Sprichwort, das sagt: "Sei immer am Ort des Geschehens...

baboons.de: Gab es konkrete Recherchen, ob der Markt reif ist für Elektromotorräder? Oder kann man bei dem Thema heutzutage nichts mehr falsch machen, rein strategisch?

Thomas Kuttruf: Sicher spielt die Marktforschung immer eine Rolle bei der Entwicklung neuer Modelle. Im Falle des Offroad-Motorrad Markts ganz generell braucht man allerdings weder eine Excel-Tabelle noch muss man ein Prophet sein um zu erkennen, dass es dringend an der Zeit ist, aktiv etwas für den Sport zu tun. Ein zentraler Punkt ist dabei die Entwicklung von Offroad-Motorrädern, die es den Fans auch möglich macht ihren Sport unter den immer massiver werdenden Reglementierungen auszuüben.

Wir sind in allen Offroad-Kategorien sehr nah am Markt und in die meisten Aktivitäten und Rennprogramme involviert. Alleine aus dieser Präsenz wissen wir, dass es eine große Nachfrage nach einer emissions- und geräuschfreien Sportenduro gibt. Sicher gibt es bei alldem noch viele Fragezeichen auszuräumen und so gut es geht Fehler zu vermeiden. Doch "Nichts machen" ist sicher der größere Fehler. Es geht klar darum, die Basis unseres Geschäfts zu stärken.

baboons.de: Automobilhersteller müssen sich immer wieder dem Vorwurf stellen, ihre "grünen" Modelle seien Feigenblätter.

Thomas Kuttruf: Immer wenn etwas Neues probiert wird, hagelt es auch gerne Kritik. Das wird KTM mit den Freeride-Modellen nicht anders gehen. Im Falle unserer Entwicklungen geht es wie gesagt schonungslos darum, den "Offroad Lebensraum" auszuweiten. Auch der Elektroantrieb wird in der nächsten Zeit sicher nicht die Lösung aller Probleme sein, aber die Technologie wird in der Lage sein, den Sport auf zwei Rädern dort auszuüben, wo es sonst nicht (mehr) möglich ist  - und Sie wird auch in der Lage sein bis dato "Unberührte" an das Thema heranzuführen und zu begeistern.

baboons.de: Sie bekennen sich mit der Vorstellung der Bikes "klar zum Motorrad-Geländesport", sprechen aber auch vom "Ende der Motorrad-Flucht" und der "akzeptierten Rückkehr sportlichen Motorrad-Einsatzes in urbane Gebiete". Das müssen Sie uns erklären.

Thomas Kuttruf: Um ganz ehrlich zu sein, die detaillierte Antwort auf diese Frage muss von uns allen erst noch gemeinsam gegeben werden. Über die E-Technologie werden dem Motorrad neue Einsatzgebiete eröffnet, die es früher oder später auch zu nutzen gilt. Denkbar und auch bereits geplant sind etwa Parks in Stadtzentren, in denen sich jeder mit einem Elektromotorrad befassen oder austoben darf. Von der Fahrschule für Youngster bis hin zum Extrem-Freestyle wird vieles möglich werden - es geht ja auch vor allem darum die Sichtbarkeit des Motorrads zu erhöhen und die Materie mit positiven Erfahrungen anzufüllen. Wie gesagt, es ist noch weiter Weg die Motorradkultur auf diesem Wege aufzuforsten, aber mit den Freeride-Motorrädern werden wir die Chance dazu ergreifen.

baboons.de: Zukunftsforscher prägen den Begriff "Greenomics", was frei übersetzt so viel heisst wie: "alles wird grün". Es entsteht weltweit eine enorme Nachfrage nach "nachhaltiger" Mobilität. Bleibt KTM eine "Ready to race" Firma oder haben Sie ganz andere, neue Märkte im Auge?

Thomas Kuttruf: "Ready to Race" und "grün" schließen sich ja nicht grundsätzlich aus. Oder anders gesagt, die neue Antriebstechnik wird für uns ein wichtiges Hilfsmittel sein um auch weiterhin "Ready to Race" sein zu können. Wenn wir in diesem Zusammenhang als Weltverbesserer gesehen werden, dann sehen wir uns vor allem als Weltverbesserer für den sportlichen Offroad-Fahrer. Auch neue Märkte werden hierbei eine Rolle spielen, aber wie bereits gesagt, der Weg bei KTM wird auch im Falle der E-Mobilität über den Sport führen. Die Entwicklung von zweirädrigen Commutern mit E-Motor überlassen wir anderen.

baboons.de: Sie sagen, beide Motorräder gehen 2011 in Serienproduktion. Welche Stückzahlen streben Sie an?

Thomas Kuttruf: Wir streben mittelfristig die Entstehung einer KTM Freeride Modellpalette an. Zunächst reden wir allerdings im ersten Schritt nur von einer homologierten Sportenduro. Eine exakte Schätzung der Produktionszahlen ist heute noch schwierig. Wir halten aber eine Jahresproduktion von 5.000 Fahrzeugen für nicht unrealistisch.

baboons.de: Thema neue Zielgruppen. Ihr Vertriebsvorstand Hubert Trunkenpolz kündigt einen Preis von unter 10.000 Euro an. Das ist nicht unbedingt die Preisregion, in der sich üblicherweise Skateboarder, Mountain Biker oder BMX-Fahrer tummeln. An wen ausserhalb der vertrauten Off Road Community wenden Sie sich?

Thomas Kuttruf: Zunächst einmal ist diese Preisansage sehr positiv zu verstehen. Für die Hauptzielgruppe besagt diese Botschaft, dass ein sportliches Elektromotorrad nicht ein extrem teures Imageprodukt sein muss. Aus dieser Positionierung und den Fahreigenschaften wird es auch eine Abstrahlung auf andere Kreise geben. Die angesprochene Fahrrad-Klientel spielt sicher nicht nur im Einzelfall mit dem Gedanken auch mal etwas anderes auszuprobieren. Und anders herum: Wie viele Motorradfahrer fahren gerne sportlich Fahrrad und geben dafür mehr Geld aus als der reine Verstand verlangt?

baboons.de: Die USA sind traditionell ein ganz wichtiger Markt für KTM. Greifen Sie mit den Freeridern auch in den Staaten an?

Thomas Kuttruf: Sicher. Die Zeiten, in denen in den USA rein paradiesische Offroad Bedingungen herrschten, sind vorbei. Es herrschen zwar andere Bedingungen als in Europa, aber auch hier sehen wir grundsätzlich einen Freeride-Zukunftsmarkt. Wie in allen Ländern wird es darum gehen, alle Antriebskonzepte entsprechend den vorhandenen Situationen zum Einsatz zu bringen. Moderne Vier- und Zweitakter sowie Elektromotoren könnten in den verschiedenen Bereichen "Nachwuchs-Sport", "Amateur-Racing", "Profi-Racing" und "Hobby riding" grundsätzlich neben einander existieren.

baboons.de: Diesseits oder jenseits des Atlantik, um mit den Bikes Rennen zu fahren, braucht es passende Angebote. Reden Sie mit etablierten Veranstaltern, wird es neue Klassen und Rennserien geben?

Thomas Kuttruf: Keine Frage, auch die Rennsport Szene wird sich auf die E-Technik einstellen und Schritt für Schritt mit eigenen Formaten und Meisterschaften nachziehen. Es liegt in der Natur der Dinge, dass so etwas nicht über Nacht passiert. Auch deshalb, weil es nicht damit getan sein wird, die Fahrzeuge auszutauschen. Elektro-Rennmotorräder werden eigene Spielregeln benötigen. Bereits heute gibt es ja etliche Ansätze, sowohl im Gelände als auch auf Asphalt. Wir können und wollen auch gar nicht anders als auch da am Start zu stehen, wenn es soweit ist.

baboons.de: Wagen Sie eine Prognose. Wie viel Prozent der KTM-Produktion sind im Jahr 2020 Elektromotorräder?

Thomas Kuttruf: In den nächsten 10 Jahren wird sich im Bereich dieser Technologie noch sehr viel bewegen – und es wird auch weiterhin Benzin verbrannt werden, aber wir halten 20 Prozent für eine mögliche Grössenordnung im Bezug auf die KTM-Jahresproduktion.

baboons.de: Wir danken für das Gespräch.


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