
Die Rettung kommt aus Asien. Genau wie erwartet und seit dem Wochenende eigentlich klar, stellt das indische Unternehmen Bajaj über seine niederländische Tochter Bajaj Auto International Holdings B.V. die erforderlichen Mittel zur Verfügung, um eine Fortführung der insolventen KTM AG zu ermöglichen. Bajaj finanziert die Quotenzahlung an die Gläubiger im Rahmen der Restrukturierung und vermeidet damit den ultimativen Totalschaden namens Konkurs.
KTM-Übervater Stefan Pierer scheidet nach Abschluss des Sanierungsverfahrens im Juni 2025 aus dem Vorstand der Konzernholding Pierer Mobility AG aus. Der Aufsichtsrat beruft Verena Schneglberger-Grossmann, die seit November 2015 für die Gruppe tätig ist, als neues Mitglied in den Vorstand. Sie unterstützt CEO Gottfried Neumeister.
Ob mit der Rettungsaktion (unser Bericht vom Dienstag, 20. Mai) endlich wieder Ruhe in Mattighofen einkehrt, ist offen. Mit dem frischen Geld von Bajaj werden jetzt zunächst die ohnehin gebeutelten Zulieferer und Gläubiger bedient, die aber die Sache in Zukunft sicher nicht mehr locker durch die rosa-orangene KTM-Brille sehen, sondern genau hinschauen, wer in Mattighofen das Sagen hat - und vor allem das Geld.
Inder ticken speziell
Indische Konzerne gelten nicht nur als bürokratisch und stark hierarchisch, sie sind vor allem extrem kostenbewusst. Jede Rupie wird zweimal umgedreht und es wird bis zum allerletzten Drücker verhandelt - oder auch darüber hinaus. Den Zuliefererbetrieben, die dieses Businessverständnis nicht kennen, droht ein Kulturschock.
Link: Global Business Culture über die Zusammenarbeit mit Indern
Fakt ist: die Ära Pierer ist nach rund 30 Jahren bis auf Weiteres Geschichte. Als Retter von KTM in den 90ern gefeiert, brachte Stefan Pierer die Marke (mit Hilfe des Staates) auch durch die globale Finanzkrise. Einer der mächtigsten Unternehmer Österreichs jonglierte quasi nebenbei mit dem Wohl und Wehe von Traditionskonzernen wie z.B. Leoni und erklomm mit KTM schlussendlich den Olymp als größter europäischer Motorradhersteller mit über 200.000 produzierten Einheiten pro Jahr.
Dass diese Reise offenbar auf Pump finanziert war, und mit einem Schuldenberg Richtung zwei Milliarden Euro endete, ist eine bittere Erkenntnis. KTM steht vor einem Reset und muss verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Ein Rennen, bei dem der Markt und damit vor allem auch die Händler und Kunden über Sieg oder Niederlage entscheiden.