EUROPA-PREMIERE: Honda CRF 450 R/RX '17 auf Sardinien

Die neue Honda CRF 450 R 2017 wird von allen Offroad-Verrückten sehnlichst erwartet. Warum es so lange gedauert hat ist schnell und einfach erklärt. Ein Erdbeben in Japan hat die Produktion derart massiv behindert, so dass die Planung für die Markteinführung weit nach hinten verschoben werden musste. Daher fand auch die Europa-Premiere erst vor kurzem auf Sardinien statt, so dass nun endlich auch der europäische Kontinent mit Ken Roczen's Wunderwaffe versorgt werden kann. Viel Vorschusslorbeeren heimste die neue CRF 450 R als eine komplette Neuentwicklung schon vorab ein. Doch wie man weiß hat der weltgrößte Motorradhersteller aktuell größte Ambitionen, um wieder ganz vorne bei der Musik zu sein. Dafür präsentiert man auch sogleich zwei unterschiedliche Modelle mit den Bezeichnung CRF 450 R für den reinen Cross-Einsatz und die CRF 450 RX für den Cross-Country-Wettbewerb. Die technischen Unterschiede wurden bereits ausführlich in unserem Vorbericht erläutert (LINK).

Cross-Modell: Motorleistung und Drehmoment satt...

Doch wer glaubt, dass das schon alles ist, darf sich auf mehr freuen. Denn auch der italienische Honda-Offroad-Importeur Redmoto präsentierte schon die ersten homologierten RX-Modelle in zwei Ausführungen. Um zukünftige Verwirrungen bei den Modell-Bezeichnungen zu vermeiden hier eine Liste die für Klarheit sorgt:

Mit der RX mit ordnetlich Speed die Felswand hinauf...

HONDA DEUTSCHLAND

1. Cross-Segment

CRF 450 R

2. Cross-Country-Segment

CRF 450 RX

RX im Sprintmodus à la GCC...

Das RX-Modell besitzt einen 8,5 Liter großen Kraftstofftank, ein angepasstes Cross-Country-Mapping samt passender Fahrwerks-Abstimmung und ein 18-Zoll-Hinterrad. Hinzu kommt der serienmäßige Elektrostarter. Dieser kann für einen Aufpreis von 599 Euro auch für das R-Modell nachbestellt werden. Der Kit umfasst alle notwendigen Bauteile und kann nach bekanntem Plug&Play-Modus montiert werden.

MOTORRAD-WALDMANN/Redmoto

1. Enduro-Segment mit Straßenzulassung

CRF 450 RX Enduro
CRF 450 RX Country

Redmoto präsentiert die erste homologierte RX...

Die homologierten Enduro-Modelle von Redmoto werden ausschließlich über Motorrad-Waldmann nach Deutschland importiert. Die RX-Enduro besitzt einen 7,5-Liter-Kraftstofftank und die RX-Country den originalen 8,5-Liter-Tank womit die
Unterschiede der zwei Modelle zueinander bereits erklärt sind. Seitens Redmoto wurde während der Präsentation von einem hauseigenen Enduro-Mapping gesprochen, was bislang offiziell noch nicht bestätigt wurde.

TEST

Nun zum Eigentlichen: Wie fährt sich die neue Honda CRF 450 R/RX Modelljahr 2017? Kurz und knapp: Die neue 450er hat nichts mehr mit ihren Vergängermodellen zu tun. Der Motor hat derart viel Leistung, dass er sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Das Handling ist Honda typisch genial einfach ohne wenn und aber. Wieviel die neue Honda auf die Waage bringt ist noch offen, doch schon jetzt lässt sich auf Grund der Massenzentralisierung sagen, dass sie auffällig leicht um den Kurs zu bewegen ist. Egal ob mit dem "R-Modell" auf der Cross-Strecke oder dem "RX-Modell" auf einem engen Enduro-Parcours. Hierfür ist natürlich auch eine optimierte Motorlage, eine neues Leichtmetall-Rahmenheck samt kürzerer Schwinge und eine in Richtung Fahrzeugschwerpunkt orientierte Auspuffanlage mitverantwortlich, um nur eine der wichtigsten Neuerungen zu nennen.

Honda entwickelte seine neue CRF 450 R/RX unter dem Pseudonym "Holeshot", da der Sieg im Cross-Wettbewerb auf Weltklasseniveau heutzutage zu 99 Prozent über den schnellsten Starter am Gatter geht, so der Hersteller.

Cross-Modell: Das Handling ist typisch Honda tadellos...

RX/RX Enduro/RX Country
Alle drei Modelle biete die gleich Basis, so dass die gemachten Erfahrungen für alle identisch sind. Der Start erfolgt mit dem Elektrostarter, was in allen Situationen problemlos gelingt. Die Kupplungsbetätigung erfolgt nach wie vor per Seilzug, was mit einer angenehmen Bedienkraft gekoppelt ist. Sofort fällt das sehr leichte und exakte zu schaltende Fünfgang-Getriebe auf, das unverändert vom Crosser übernommen wurde. Nach einigen individuellen Einstellmaßnahme an der Fahrwerksgeometrie sowie dem -Setup kann der RX ein gutes Traktiosnverhalten sowie ein angemessener Grip am Vorderrad attestiert werden, was im Gelände für hohe Sicherheit sorgt. Allerdings ist bei intensiver Beanspruchung der Cross-Kupplung im klassischen Gelände ein wandernder Druckpunkt festzustellen, da man die hohe Motorleistung mit dem langen ersten Gang in engen Geländeabschnitten zwingend dosieren muss. Dieser lässt sich zwar durch das mechanische Stellrad an der Armatur problemlos nachjustieren, was aber in anspruchsvollen Passagen etwas nervig ist. Für mein Körpergewicht mit 85 Kilogramm erweist sich die Fahrwerksabstimmung als etwas zu weich, was aber bei angepasster Fahrweise im Gelände kein Problem darstellt. Besonders gut gefällt das sensible Ansprechverhalten der Federelemente und die Performance der "alten Bekannten" in Form der 49er Showa-Gabel mit konventioneller Öl-Feder-Technologie. Überzeugend sind ebenfalls das spielerische Handling sowie das neutrale und gut kontrollierbare Fahrverhalten bei nahezu jedem Fahrmanöver. Allerdings ist der Motor die Wucht. Leistung überall und immer, so dass hier kaum Wünsche offen bleiben. Eher noch, das man sein eigenes Fitness-Programm überdenken sollte. Doch auch hierfür hat man bei Honda mittels drei Mappings vorgesorgt, die für jeden das Passende bereit hält. Größter Nachteil ist, das zum Wechseln des Mappings der Leerlauf im Stand eingelegt werden muss. Hierfür gibt es praktischere Lösungen, was die Konkurrenz eindeutig beweist.

Erster langer Gang: Speed im Gelände ist gefragt...

Bewegungsfreiheit: Vom Tank bis zum Heck sind keine störenden Ecken und Kanten vorhanden, so dass sowohl sitzend als auch stehend auf den Fußrasten alle notwendigen Fahrpositionen hervorragend umsetzbar sind. Besonders gut gefallen die hochwertigen Nissin-Bremsen, die bekanntlich zum Besten vom Besten gehören. Wer hier eine reinrassige Sportenduro nach europäischen Maßstab erwartet wird allerdings enttäuscht. Denn hierbei handelt es sich um eine reinrassige Cross-Country-Waffe, die eigentlich ein Cross-Gerät mit erweitertem Aktionsradius darstellt. Sicherlich ist durch das angepasste Fahrwerk und Mapping viel mehr im Gelände machbar, doch fehlen den RX-Modellen die notwendige Schwungmasse und der kurze erste Gang um eine annähernd ähnliche Fahrweise im Gelände wie eine waschechte Sportenduro zuzulassen. Deshalb bezeichnet Honda seine RX auch als Cross-Country-Modell nach amerikanischem Vorbild, denn in Übersee werden Stückzahlen gemacht.

RX-Country: Trotz Cross-Getriebe und -Aggregat hat man im Gelände viel Spaß...

R-Modell
Zurück im Camp nun der Wechsel auf das Cross-Gerät. Der Start erfolgt im Auslieferungszustand ausschließlich über den Kickstarter. Der Elektrostarter-Kit kann wie bereits erwähnt optional gegen Aufpreis mitbestellt und nachgerüstet werden. Auf den ersten Metern liefert die CRF 450 R ein wahres Feuerwerk ab, so dass zunächst das schwächste Mapping zum Einsatz kommt. Der Antritt ist kräftiger und das Hochdrehen des Motors erfolgt spritziger, obwohl noch nicht einmal das „scharfe" Mapping gewählt wurde. Ein Wechsel unter den drei Leistungskurven ist ebenfalls nur im Leerlauf möglich. Logischerweise gefällt auch hier das einfache Handling, sowohl im Sprung, in Kurven oder über Beschleunigungswellen. Der Motor hängt direkt am Gas und bietet sowohl für den Anfänger als auch den Profi mehr als genug.

Das spielerische Handling macht die neue CRF fahrerisch extrem einfach...

Die extreme Massenzentralisierung in Verbindung mit der verkürzten Schwinge, also auch einem geringeren Radstand, birgt das Risiko für ein nervöses Heck, was es aber unter verschiedenen Bedingungen noch zu beweisen gilt. Der nur 6,3 Liter fassende Titan-Tank schafft noch mehr Platz und optimiert die Bewegungsfreiheit im Vergleich zum ohnehin schon handlichen RX-Modell nochmals. Was bleibt festzustellen? Der rote Renner hat sicherlich den Ausdruck "VERY IMPRESSED" verdient. Mit einer 11-prozentigen-Leistungssteigerung gegenüber dem Vorjahresmodell darf man sich bei Honda sicherlich berechtigt auf die Schultern klopfen und braucht sich sicherlich vor der Konkurrenz nicht verstecken. Um eine detailliertere Aussage über das Fahrwerk-Setup treffen zu können bedarf es einem intensiven Einsatz auf verschiedenen Strecken in Deutschland.

Typisch Honda: Die Massenzentralisierung wirkt sich sogar in der Luft positiv aus...

Zusammengefasst: Honda hat seine Hausaufgaben gemacht und ein wahres Kraftpaket entworfen, das mit seinem einfachen und spielerischen Handling sofort begeistert. Wer die hohe Motorleistung voll abruft, sollte über die notwendige Fitness, das entsprechende Fahrkönnen und die passende Fahrwerksabstimmung verfügen. Sind diese drei Aufgaben erfüllt, dann ist die CRF 450 problemlos für den Sieg gut. Das RX-Modell ist für den europäischen Enduro-Markt sicherlich nicht das Optimum. Eher darf man sie als reines Sportgerät für den ambitionierten Fahrer bezeichnen, der weiß wie man mit einer Cross-Kupplung und einem Cross-Motor mit erstem langem Gang im Gelände umzugehen hat. Daher ist sie wie bereits erwähnt die amerikanische Interpretation für den Cross-Country-Einsatz. Die Auslieferung läuft und die Nachfrage ist hoch, daher gilt wie üblich: Wer zuerst kommt, fährt zuerst!